Bundesverfassungsgericht

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Anhaltend hohe Belastung des Bundesverfassungsgerichts

Im 65. Jahr seines Bestehens verzeichnete das Bundesverfassungsgericht einen leichten Rückgang der Eingangszahlen. Während im Verfahrensregister etwa 5.800 Neueingänge registriert wurden (2015: ca. 5.900), zählte das Allgemeine Register (AR) wie bereits 2015 etwa 8.800 Neueingänge. Damit lag die Zahl der Neueingänge zwar deutlich unter dem Höchststand des Jahres 2014. Die hohe Belastung des Bundesverfassungsgerichts ist jedoch unverändert. Gleichwohl ist es beiden Senaten abermals gelungen, deutlich mehr Verfahren zu erledigen, als Neueingänge im Verfahrensregister verzeichnet wurden. Der Bestand an unerledigten Verfahren konnte somit von etwa 3.600 auf knapp 3.200 unerledigte Verfahren abgebaut werden.

Zur anhaltend hohen Belastung des Gerichts tragen im Wesentlichen die zahlreichen besonders umfangreichen und daher in der Bearbeitung sehr zeitintensiven Senatsverfahren bei. Zwar haben beide Senate in den vergangenen Monaten mehrere dieser Verfahren zum Abschluss gebracht. Hierzu zählen beispielsweise die Verfahren zum BKA-Gesetz, zum OMT-Programm der Europäischen Zentralbank und zum beschleunigten Atomausstieg sowie das NPD-Verbotsverfahren. Allerdings sind unter anderem mit den Verfahren zum Tarifeinheitsgesetz, zur neu eingeführten Vorratsdatenspeicherung, zur Sterbehilfe und zum Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement - CETA) weitere sehr komplexe Verfahren anhängig.

Die Bürgerinnen und Bürger sowie die politischen Akteure bringen dem Bundesverfassungsgericht nach wie vor große Wertschätzung entgegen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Vielmehr muss das Bundesverfassungsgericht das ihm als Bürgergericht, aber auch als Schiedsrichter im demokratischen Verfassungsstaat entgegengebrachte Vertrauen durch verständliche und überzeugende Entscheidungen täglich aufs Neue verdienen. Dies umso mehr, als die Entwicklungen in Polen, Ungarn und der Türkei zeigen, wie sehr ein unabhängiges Verfassungsgericht unter schwierigen politischen Bedingungen in Bedrängnis geraten kann.

Karlsruhe, im Februar 2017

Prof. Dr. Andreas Voßkuhle

Präsident des Bundesverfassungsgerichts