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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 2 BvR 2108/00 -
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
des türkischen Staatsangehörigen K...
Raumerstraße 22, 10437 Berlin -
gegen a) | den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 16. Oktober 2000 - OVG 8 SN 164.00 -, |
b) | den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Juli 2000 - VG 10 A 173.00 -, |
c) | den Bescheid des Landeseinwohneramtes Berlin vom 9. Februar 2000 - IV A 1522 - |
hier: | Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung |
hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Sommer,
die Richterin Osterloh
und den Richter Di Fabio
gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 Satz 1 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 7. März 2001 einstimmig beschlossen:
Dem Landeseinwohneramt Berlin (Ausländerbehörde) wird einstweilen bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde untersagt, die in ihrem Bescheid vom 9. Februar 2000 angedrohte Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei zu vollziehen.
Gründe:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG zulässig und begründet.
Gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Gemäß der Sicherungsfunktion der einstweiligen Anordnung ist für deren Erlass im Rahmen eines Verfassungsbeschwerde-Verfahrens allerdings kein Raum, wenn davon auszugehen ist, dass die Verfassungsbeschwerde gemäß den §§ 93a, 93b BVerfGG nicht zur Entscheidung anzunehmen sein wird (stRspr.; vgl. BVerfGE 7, 367 <371>; 68, 233 <235>; 71, 158 <161>; 79, 379 <383>). Das ist hier nicht der Fall.
Nach vorläufiger Prüfung der Sach- und Rechtslage kann nicht festgestellt werden, dass die von dem Beschwerdeführer erhobene Verfassungsbeschwerde, soweit sie sich gegen die im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangenen fachgerichtlichen Beschlüsse richtet, unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist. Die Verfassungsbeschwerde wirft u.a. die Frage auf, inwieweit die nach dem Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl I S. 2942) in den §§ 1626 Abs. 3, 1684 Abs. 1 BGB zum
Ausdruck gekommene Bedeutung des Umgangsrechts eines (nichtehelichen) Kindes auf die Anwendung und Auslegung der Bestimmungen in den §§ 23 Abs. 1, 2. Halbsatz, 17 Abs. 1 AuslG unter dem Blickwinkel des materiellen Gehalts insbesondere von Art. 6 Abs. 1 und 2 GG von Einfluss ist.
Die danach gebotene Abwägung (vgl. BVerfGE 68, 233 <235>; 94, 334 <347>; 96, 120 <128 f.>; stRspr) führt zu folgendem Ergebnis: Ergeht die einstweilige Anordnung nicht, erweist sich die Verfassungsbeschwerde später jedoch als begründet, so entstünde dem Beschwerdeführer durch den Vollzug der Abschiebung ein schwerer und nicht wiedergutzumachender Nachteil. Ergeht die einstweilige Anordnung und erwiese sich die Verfassungsbeschwerde später als erfolglos, so wögen die damit verbundenen Nachteile durch den auf überschaubare Zeit verlängerten Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Bundesrepublik Deutschland weniger schwer.
Sommer | Osterloh | Di Fabio |