Bundesverfassungsgericht

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BVerfG: Unzulässige Verfassungsbeschwerden gegen Versagung vorläufigen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit der Rechtschreibreform/Noch keine Entscheidung in der Sache

Pressemitteilung Nr. 1/1998 vom 13. Januar 1998

Beschluss vom 30. Dezember 1997, Beschluss vom 30. Dezember 1997
1 BvR 2264/97
1 BvR 2368/97

Die 1. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat in zwei Verfahren Verfassungsbeschwerden gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes im Zusammenhang mit der Rechtschreibreform nicht zur Entscheidung angenommen. In beiden Fällen waren die Verfassungsbeschwerden unzulässig, weil ihre Begründungen nicht den gesetzlichen Darlegungserfordernissen genügten. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen zur Rechtschreibreform sind in den beiden Beschlüssen deshalb nicht entschieden worden.

Weiter anhängig ist das Verfahren 1 BvR 1640/97 (vgl. dazu die Pressemitteilung Nr. 77/97 vom 27. August 1997). Wann in diesem Verfahren eine Entscheidung ergehen kann, ist noch nicht absehbar.

I.

In den jetzt entschiedenen Fällen wandten sich Eltern und ein schulpflichtiges Kind gegen Beschlüsse der Oberverwaltungsgerichte (OVG) Hamburg und Nordrhein- Westfalen. Beide OVG hatten es abgelehnt, im Eilverfahren den Ländern vorläufig zu untersagen, die Kinder nach den neuen Schreibregeln zu unterrichten. Zur Begründung hieß es im wesentlichen, daß eine Eilbedürftigkeit für die begehrten einstweiligen Anordnungen nicht vorliege.

II.

Die hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerden sind unzulässig. Dem Vortrag der Beschwerdeführer läßt sich kein Anhaltspunkt für einen Grundrechtsverstoß entnehmen, auf dem die angegriffenen Entscheidungen beruhen könnten.

Soweit es um die Frage geht, ob die Rechtschreibreform einer gesetzlichen Grundlage bedarf oder ob die Festlegung der "richtigen" Schreibweise einer Regelung durch den Staat grundsätzlich entzogen ist, geht die Argumentation der Beschwerdeführer an den OVG-Entscheidungen vorbei. Die Gerichte haben die Beantwortung dieser Fragen ausdrücklich offengelassen und sich nur auf den prozeßrechtlichen Gesichtspunkt gestützt, daß der für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung erforderliche Anordnungsgrund, also die Eilbedürftigkeit, nicht gegeben sei. Aufgrund der konkreten Gegebenheiten an der jeweiligen Schule könnten die betroffenen Kinder nach wie vor (auch) die alte Schreibweise lernen. Hinsichtlich der neuen Schreibweise sei die Anzahl der in Frage kommenden Wörter gering und nicht von solchem Gewicht, daß der Erlaß einer einstweiligen Anordnung geboten sei.

Gegen diese allein entscheidungserhebliche Begründung hatten die Beschwerdeführer keine Einwände vorgebracht, die auf einen Verfassungsverstoß hindeuteten.