Bundesverfassungsgericht

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Verhängung einer Mißbrauchsgebühr - hier: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung

Pressemitteilung Nr. 5/1998 vom 23. Januar 1998

Beschluss vom 05. Januar 1998

A.

Die 2. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde einer anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin nicht zur Entscheidung angenommen und gegen sie gemäß § 34 Abs. 2 BVerfGG eine Mißbrauchsgebühr in Höhe von 500,-- DM verhängt. Die Beschwerdeführerin hatte Verfassungsbeschwerde erhoben, weil nach ihrer Auffassung die Vollstreckung einer gegen sie verhängten Freiheitsstrafe zu Unrecht nicht zur Bewährung ausgesetzt worden sei.

I.

Die einschlägig vorbestrafte Beschwerdeführerin war wegen einer erneuten fahrlässigen Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde. Zur Begründung hieß es, der Tatrichter habe nicht alle für die Sozialprognose maßgeblichen Umstände bei seiner Entscheidung berücksichtigt und die herangezogenen Gesichtspunkte nicht zutreffend gewichtet.

II.

Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich unzulässig.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin erschöpft sich darin, ihre eigene Sozialprognose an die Stelle der tatrichterlichen Beurteilung zu setzen, und betrifft damit den Bereich, der nicht der Nachprüfung durch das BVerfG unterliegt.

Die Verfassungsbeschwerde ist mißbräuchlich erhoben. Aufgabe des BVerfG ist es, grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben und die Allgemeinheit wichtig sind, und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen. Das BVerfG muß nicht hinnehmen, daß es in der Erfüllung dieser Aufgaben durch substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert wird. Der Beschwerdeführerin war zuzumuten, durch ihren anwaltlichen Vertreter vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde die Rechtsprechung des BVerfG zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen und dem Umfang der Nachprüfung strafgerichtlicher Entscheidungen zu ermitteln. Danach mußte die Verfassungsbeschwerde mit der vorliegenden Begründung von jedem Einsichtigen als unzulässig angesehen werden.

Die ausgesprochene Höhe der Mißbrauchsgebühr erscheint angemessen. Sollte die Einlegung der Verfassungsbeschwerde auf unzulänglicher anwaltlicher Beratung beruhen, mag die Beschwerdeführerin gegebenenfalls einen Regreßanspruch geltend machen.

B.

In den Jahren 1995 bis 1997 sind vom BVerfG Mißbrauchsgebühren wie folgt verhängt worden:

1995: In 21 der insg. rd. 5.900 Verfassungsbeschwerde-Verfahren (= 0,36%) hat das Gericht den Beschwerdeführern Mißbrauchsgebühren auferlegt; Gesamtsumme: 26.900,-- DM.

1996: In 31 der insg. rd. 5.100 Verfassungsbeschwerde-Verfahren (= 0,60%) hat das Gericht den Beschwerdeführern Mißbrauchsgebühren auferlegt; Gesamtsumme: 26.900,-- DM.

1997 hat das Gericht in 21 Fällen (= 0,42%) Mißbrauchsgebühren verhängt; Gesamtsumme: 14.200,-- DM.

Karlsruhe, den 23. Januar 1998