Bundesverfassungsgericht

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Erfolglose Verfassungsbeschwerden gegen Versagung vorläufigen Rechtsschutzes im Vereinsverbotsverfahren

Pressemitteilung Nr. 64/1998 vom 17. Juni 1998

Beschluss vom 03. Juni 1998
1 BvR 935/98

Die 1. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat Verfassungsbeschwerden zweier - nicht rechtskräftig - verbotener Vereine nicht zur Entscheidung angenommen. Die Vereine (Beschwerdeführer) sind durch das Niedersächsische Innenministerium mit der Begründung verboten worden, sie richteten sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung (Art. 9 Abs. 2 GG). Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) versagte den Beschwerdeführern den von ihnen insoweit beantragten vorläufigen Rechtsschutz. Gegen diese Beschlüsse erhoben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde.

I.

Die Beschwerdeführer betreiben bzw. fördern u.a. das sogenannte Heide-Heim in Hetendorf/Niedersachsen. Im Februar 1998 verbot das Niedersächsische Innenministerium die Vereine, löste sie auf und beschlagnahmte ihr Vermögen. Zugleich ordnete es die sofortige Vollziehung der Vereinsverbote an. Zur Begründung hieß es u.a., die Tätigkeit der Beschwerdeführer umfasse zum einen die gezielte Bereitstellung von Treff- und Veranstaltungsmöglichkeiten für andere rechtsextremistische bzw. neonazistische Gruppierungen und zum anderen die Planung und Durchführung von Veranstaltungen, bei denen im wesentlichen rassistische Auffassungen indoktriniert, die Judenvernichtung geleugnet und die Überwindung der verfassungsmäßigen Ordnung auch mit kämpferischen Mitteln propagiert würden.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen die Verbotsverfügungen Klage und beantragten zugleich, die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Maßnahmen (Verbot, Auflösung, Vermögensbeschlagnahme) aufzuheben. Diese Anträge auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lehnte das OVG ab. Hiergegen erhoben die Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde. Über die Klage (= Hauptsacheverfahren) ist noch nicht entschieden.

II.

Die 1. Kammer des Ersten Senats hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Sie sind wegen des Grundsatzes der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde unzulässig.

Den Beschwerdeführern ist zuzumuten, zunächst den Rechtsweg in der Hauptsache (= Klage) zu beschreiten bzw. diesen Verfahrensausgang abzuwarten. Sie rügen keine verfassungsrechtliche Beschwer, der nicht im Hauptsacheverfahren abgeholfen werden könnte. Sie machen nicht substantiiert geltend, gerade durch die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes beschwert zu sein. Zudem bedarf in Verfahren, deren Gegenstand ein Vereinsverbot ist, die tatsächliche Lage besonders sorgfältiger Aufklärung durch die Fachgerichte. Das kann regelmäßig erst im Hauptsacheverfahren geschehen. Schließlich ist nicht ersichtlich, daß den Beschwerdeführern ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entsteht, wenn sie zunächst den Rechtsweg in der Hauptsache bestreiten.