Bundesverfassungsgericht

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Weisung zur Abstufung einer Straße verfassungswidrig/Urteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2000

Pressemitteilung Nr. 89/2000 vom 3. Juli 2000

Urteil vom 03. Juli 2000
2 BvG 1/96

Der Bund-Länder-Streit betrifft die Frage, ob der Bund das Land Schleswig-Holstein anweisen kann, die B 75 zwischen Lübeck und Bad Oldesloe in eine Straße nach Landesrecht herabzustufen.

Über den Antrag der Bundesregierung, festzustellen dass das Land Schleswig-Holstein dadurch gegen Art. 85 Abs. 3 GG verstoßen habe, dass es eine entsprechende Weisung nicht umgesetzt hat, hat der Zweite Senat des BVerfG aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2000 durch Urteil vom heutigen Tag entschieden:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Zur Rechtslage und zum Sachverhalt wird auf die Pressemitteilung Nr. 28/2000 vom 13. März 2000 verwiesen, die auf Anfrage gern übersandt wird.

Das BVerfG hat entschieden, dass der Antrag der Bundesregierung zwar zulässig, aber unbegründet ist. Die Zulässigkeit folgt daraus, dass die Länder bei der Ausführung von Gesetzen im Auftrag des Bundes gemäß Art. 85 Abs. 3 GG den Weisungen der zuständigen obersten Bundesbehörden unterstehen.

Der Bund hat aber mit der Weisung den Bereich der in Art. 90 Abs. 2 GG geregelten Auftragsverwaltung verlassen und dadurch seine Befugnis zur Erteilung von Weisungen überschritten.

Diese Auftragsverwaltung umfasst die gesamte Bundesstraßenverwaltung, also Hoheits- und Vermögensverwaltung. Die Verwaltungszuständigkeit des Bundes geht aber keinesfalls weiter als seine Gesetzgebungskompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG für "den Bau und die Unterhaltung von Landstraßen für den Fernverkehr". Hierzu zählt die Abstufung einer Bundesstraße in eine Straße nach Landesrecht nicht. Die Weisung zur Abstufung verlangt vom Land nicht nur die Herausnahme der Straße aus einer Klasse nach Bundesrecht, sondern zwingend zugleich die Einstufung in eine Straßenklasse nach Landesrecht. Damit greift die Weisung notwendig in den Gesetzgebungs- und Verwaltungsraum des Landes über. Dem Bund steht aber lediglich die Möglichkeit offen, eine als Bundesfernstraße entbehrlich gewordene Straße zu entwidmen oder dem Land nach Vereinbarung zu überlassen.

Karlsruhe, den 3. Juli 2000