Bundesverfassungsgericht

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Bundesverfassungsrichter Klaus Winter ist verstorben

Pressemitteilung Nr. 129/2000 vom 10. Oktober 2000

Am 10. Oktober 2000 ist der Bundesverfassungsrichter Klaus Winter nach einer schweren Erkrankung im Alter von 64 Jahren verstorben.

Herr Winter ist am 29. Mai 1936 in Essen geboren. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Frankfurt am Main und legte 1961 die Erste Staatsprüfung, 1965 die Zweite Staatsprüfung ab. Nach seiner Ernennung zum Landgerichtsrat im Jahre 1968 war er als Richter in Zivil- und Strafkammern des Landgerichts Wiesbaden tätig. 1979 wurde er zum Richter am Oberlandesgericht befördert und arbeitete seitdem in einem Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main. Bereits drei Jahre später, im Juni 1982 wurde er zum Richter am Bundesgerichtshof ernannt, wo er im IX. Zivilsenat u.a. für Verfahren nach dem Bundesentschädigungsgesetz, für Zwangsvollstreckungsangelegenheiten, das Bürgschaftsrecht sowie das Haftungsrecht der Rechtsanwälte und Notare zuständig war.

Im November 1989 wurde er zum Richter des Bundesverfassungsgerichts gewählt. Sein Aufgabenfeld im Zweiten Senat umfasste neben dem materiellen Strafrecht wesentliche Teile des Strafverfahrensrechts. Daneben war Herr Winter u.a. auch zuständig für Gnadensachen und Verfahren der streitigen Zivilgerichtsbarkeit.

Die Amtszeit von Herrn Winter war geprägt von der Aufgabe, im wiedervereinigten Deutschland die strafrechtliche Ahndung staatlich organisierten Unrechts des DDR-Regimes verfassungsrechtlich zu beurteilen. Dabei hat er sich in besonderem Maße verdient gemacht.

Herr Winter hat u.a. an folgenden Senatsentscheidungen als Berichterstatter mitgewirkt:

  • Zur Unschuldsvermutung im Strafverfahren (Beschluss vom 29. Mai 1990; 2 BvR 254/88 u.a.; BVerfGE 82, 106 ff.)
  • Zur Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs (Urteil vom 28. Mai 1993; 2 BvF 2/90; BVerfGE 88, 203 ff.)
  • Zur Strafbarkeit des unerlaubten Umgangs mit Cannabisprodukten (Beschluss vom 9. März 1994; 2 BvL 43/92 u.a.; BVerfGE 90 145 ff.)
  • Zur Strafbarkeit von DDR-Spionen (Beschluss vom 15. Mai 1995; 2 BvR 1206/91 u.a.; BVerfGE 92, 277 ff.)
  • Zur Strafbarkeit der Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrats der DDR (Beschluss vom 24. Oktober 1996; 2 BvR 1851/94 u.a.; BVerfGE 95, 96 ff.)

Mit Herrn Winter verliert das Gericht einen von großer Toleranz und Liebenswürdigkeit geprägten Richter, dessen vornehmste Tugend darin bestand, seinen Mitmenschen, seien es Beschwerdeführer, Kolleginnen und Kollegen oder Mitarbeiter, nachdenklich zuzuhören.

Herr Winter hinterlässt seine Ehefrau und zwei Töchter nebst einem Enkelkind.

Karlsruhe, den 10. Oktober 2000