Bundesverfassungsgericht

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Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Auskunftspflicht beim Finanzamt

Pressemitteilung Nr. 158/2000 vom 15. Dezember 2000

Beschluss vom 15. November 2000
1 BvR 1213/00

Die 1. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat eine Verfassungsbeschwerde (Vb) eines Energieversorgungsunternehmens (Bf) nicht zur Entscheidung angenommen. Die Bf war vom Finanzamt aufgefordert worden, ihr ggfs. bekannte Kontoverbindungen diverser steuersäumiger Kunden mitzuteilen. Für den Fall der Nichtbefolgung drohte das Finanzamt ein Zwangsgeld an. Rechtsmittel der Bf blieben in letzter Instanz beim Bundesfinanzhof erfolglos. Die 1. Kammer des Ersten Senats hat nunmehr die Vb mangels Erfolgsaussichten nicht zur Entscheidung angenommen.

Zur Begründung führt die Kammer im Wesentlichen aus:

Die Auskunftspflicht der Bf beruht auf § 93 AO 1977, der weder als solcher noch in seiner Auslegung durch den Bundesfinanzhof verfassungsrechtlich zu beanstanden ist. Es liegt innerhalb des Einschätzungsspielraums des Gesetzgebers, dem Interesse des Staates an der Ermittlung von Steuerschuldnern durch die Inpflichtnahme Privater Vorrang zu geben vor dem Interesse von Wirtschaftsunternehmen, ihnen bekannte Daten nicht preis geben zu müssen.

Insbesondere ist die Erfüllung dieser Auskunftspflichten der Bf zumutbar. Wirtschaftliche Nachteile gegenüber anderen EVU's drohen ihr dadurch nicht in nennenswertem Umfang, da auch andere EVU's seit der Aufhebung der Monopolstellung der Bf ggfs. vom Finanzamt zur Auskunftserteilung herangezogen werden können. Sollten die der Bf entstehenden Kosten durch die ihr zustehende Aufwandsentschädigung nicht abgedeckt werden, steht ihr insoweit der Rechtsweg offen. Sollte die Bf sich dazu entschließen, eine eigene Abteilung für die Erfüllung von Auskunftsersuchen einzurichten, so wäre dies ihre eigene, freie Entscheidung und als solche dem Finanzamt nicht zuzurechnen.

Schließlich ist es der Bf auch zumutbar, durch die Benennung von Bankverbindungen ggfs. einen Konkurrenzschuldner in den Stand zu versetzen, ein Konto zu pfänden, von dem auch Zahlungen an sie selbst geleistet werden. Gepfändet werden kann ein Konto auch dann, wenn nicht die Bf, sondern ein Dritter die Bankverbindung mitteilt. Die wirtschaftliche Bedeutung einer solchen Kontenpfändung dürfte für die Bf gering sein, da sie für ihre Stromlieferungen Vorauszahlungen erhebt. Schließlich überzeugt auch der Hinweis auf einen etwa eintretenden "Imageschaden" nicht, da ein solcher durch die reine Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen nicht eintreten kann.

Karlsruhe, den 15. Dezember 2000