Bundesverfassungsgericht

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Verfassungsbeschwerde gegen zeitliche Begrenzung der Arbeitslosenhilfe nicht angenommen

Pressemitteilung Nr. 34/2001 vom 29. März 2001

Beschluss vom 14. März 2001
1 BvR 2402/97

Bis Ende 1993 sah das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) keine zeitliche Begrenzung für den Bezug von Arbeitslosenhilfe vor. Mit Wirkung vom 1. Januar 1994 hat der Gesetzgeber den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, sofern sie nicht im Anschluss an Arbeitslosengeld gezahlt wurde, auf eine Dauer von 312 Tagen beschränkt (§135 a AFG). Für bestimmte laufende Leistungsfälle sollte der Anspruch erst zum 31. März 1994 erlöschen.

Die 1. Kammer des Ersten Senats hat eine Verfassungsbeschwerde (Vb) nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen diese Neuregelung und die auf ihrer Grundlage ergangenen Gerichtsentscheidungen richtete. Der Beschwerdeführer (Bf) hatte seit 1986 Arbeitslosenhilfe bezogen. Die zunächst bis 31. August 1994 bewilligte Leistung begrenzte das Arbeitsamt im März 1994 auf den Zeitraum bis zum 31. März 1994. Die Klage des Bf blieb in allen Instanzen erfolglos.

Die Kammer begründet den Nichtannahmebeschluss im Wesentlichen damit, dass eine Verletzung von Grundrechten des Bf durch die mittelbar angegriffene Vorschrift des § 135 a AFG und die angegriffenen Gerichtsentscheidungen nicht ersichtlich ist.

Es kann offen bleiben, ob der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe dem Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegt. Selbst wenn dies so wäre, hätte der Gesetzgeber mit der zeitlichen Begrenzung des Anspruchs auf originäre Arbeitslosenhilfe seine Befugnis zur Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) nicht überschritten. Das Eigentumsrecht des Leistungsberechtigten wird durch Eingriffe in das Leistungsgefüge des Sozialrechts nicht verletzt, wenn diese durch Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Wie die Kammer ausführt, ist dies bei dem der Neuregelung des § 135 a AFG zugrundeliegenden Ersten Gesetz zur Umsetzung eines Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (1. SKWPG) der Fall. Das 1. SKWPG diente dem wichtigen Gemeinwohlbelang, die Neuverschuldung des Bundes zu reduzieren. Das Ziel der Sanierung der Staatsfinanzen durch Einsparungen auf der Ausgabenseite ist eine übergreifende und legitime Aufgabe des Gesetzgebers zugunsten des Staatsganzen. Die Maßnahmen belasten den Beschwerdeführer nicht unverhältnismäßig, der aufgrund einer nur kurzen beitragspflichtigen Beschäftigung (April bis August 1986) einen zunächst unbefristeten Anspruch auf Arbeitslosenhilfe erworben hatte. Der Gesetzgeber konnte im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes dem Interesse an einer Sanierung der öffentlichen Haushalte den Vorzug einräumen vor den Interessen des Bf, zumal dessen notwendiger Lebensunterhalt nach Maßgabe des Bundessozialhilfegesetzes gesichert ist. Auch Grundsätze des Vertrauensschutzes stehen dem nicht entgegen, wie die Kammer ausführt.

Schließlich verletzt § 135 a AFG nicht deshalb den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Bezieher von Arbeitslosenhilfe im Anschluss an Arbeitslosengeld anders behandelt werden als die Bezieher originärer Arbeitslosenhilfe. Zwischen den Empfängern dieser Leistungen bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen.

Beschluss vom 14 März 2001 - Az 1 BvR 2402/97 -

Karlsruhe, den 29. März 2001