Bundesverfassungsgericht

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Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen Pflegeversicherungspflicht für Beamte

Pressemitteilung Nr. 99/2001 vom 19. Oktober 2001

Beschluss vom 25. September 2001
2 BvR 2442/94

Gescheitert ist vor dem Bundesverfassungsgericht ein Beamter, der durch die gesetzliche Verpflichtung, einen Pflegeversicherungsvertrag abzuschließen, die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) verletzt sah. Nach Auffassung des Beschwerdeführers (Bf) gehört es zur Fürsorgepflicht des Dienstherrn, Beamte beitragsfrei gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit abzusichern.

Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde (Vb) nicht zur Entscheidung angenommen. Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus:

Das Alimentationsprinzip verpflichtet den Gesetzgeber, für den Unterhalt des Beamten und seiner Familie zu sorgen. Demgegenüber gehört das gegenwärtige System der Beihilfegewährung nicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Es könnte jederzeit geändert werden, ohne dass Art. 33 Abs. 5 GG berührt wäre. Die beamtenrechtliche Alimentation wäre erst dann nicht mehr ausreichend, wenn die zur Abwendung von krankheitsbedingten Belastungen erforderlichen Krankenversicherungsprämien einen solchen Umfang erreichten, dass der angemessene Lebensunterhalt des Beamten nicht mehr gewährleistet wäre. Auch dann müssten von Verfassungs wegen nicht die Beihilfesätze, sondern die Besoldungsgesetze korrigiert werden. Wie der Dienstherr die nach seiner Fürsorgepflicht gebotenen Vorkehrungen dafür trifft, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt des Beamten bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheit etc. nicht gefährdet wird, steht weitgehend in seinem Ermessen. Er muss nur sicherstellen, dass der Beamte nicht mit erheblichen Aufwendungen belastet bleibt. Eine Beihilferegelung muss daher Rücksicht auf die vorhandenen Versicherungsmöglichkeiten nehmen; die lückenlose Erstattung jeglicher Aufwendungen verlangt die Fürsorgepflicht jedoch nicht.

Die Verpflichtung, einen privaten Pflegeversicherungsvertrag abzuschließen, stellt keinen unzulässigen Eingriff in die Beamtenalimentation dar. Der Gesetzgeber hat mit der Pflegeversicherung eine im Grundsatz alle Bürger erfassende Volksversicherung eingerichtet, was vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 3. April 2001 gebilligt worden ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die vom Beamten zu tragenden Versicherungsprämien für diese neu eingeführte Pflichtversicherung einen solchen Umfang erreichen, dass der amtsangemessene Lebensunterhalt nicht mehr gewährleistet wäre. Weder die Fürsorgepflicht des Dienstherrn noch der Grundsatz, dass der Beamte in der Wahl seiner Krankenvorsorge frei ist, werden durch diese Versicherungspflicht verletzt. Die Kammer lässt offen, ob ein Grundsatz der "Vorsorgefreiheit" überhaupt zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört. Selbst wenn, bezöge er sich lediglich auf die Krankenvorsorge, nicht hingegen auf die Vorsorge für den Pflegefall, wie die Kammer weiter ausführt.

Karlsruhe, den 19. Oktober 2001