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"Zahnarztsuchservice" nicht standeswidrig

Pressemitteilung Nr. 102/2001 vom 30. Oktober 2001

Beschluss vom 18. Oktober 2001
1 BvR 881/00

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat erneut die Beachtung des Art. 12 Abs.1 GG bei der Beurteilung der Außendarstellung von Angehörigen freier Berufe angemahnt.

1. Beschwerdeführer (Bf) war ein Zahnarzt in Baden-Württemberg, der nach einem Unfall diesen Beruf nicht mehr praktisch ausüben kann. Er betreibt im Rahmen eines gemeinnützigen Vereins einen Zahnarztsuchservice. Zweck des Vereins ist unter anderem die Information und Beratung von Patienten. In der Vereinsdatei werden Zahnärzte ihren eigenen Angaben entsprechend mit ihrer Tätigkeit und ihrer fachlichen Qualifikation gegen eine Monatsgebühr von DM 7,50 aufgenommen. Die Bezirkszahnärztekammer führt ebenfalls eine Patienten-Informations-Liste, in der Zahnärzte mit Interessenschwerpunkten aus verschiedenen Bereichen aufgelistet sind. Auch sie erteilt Auskünfte über Anfragen aus der Bevölkerung und verbindet diese mit dem Hinweis, dass die Angaben von den Zahnärzten selbst stammen und lediglich weitergegeben werden.

Die Berufsgerichte haben den Bf zu einer Geldbuße wegen berufsunwürdigen Verhaltens verurteilt. Dass der Bf Auskünfte aus einer Datei anbiete, die nur einen Teil der Zahnärzte umfasse und nur auf deren Selbsteinschätzung beruhe, verstoße gegen die Verpflichtung, dem Vertrauen zu entsprechen, das dem Zahnarzt im Zusammenhang mit seinem Beruf entgegengebracht wird. Der Bf biete mit seiner Datei die Grundlage dafür, dass durch irreführende Angaben die Patienten getäuscht und dadurch die Konkurrenz unter den Zahnärzten verfälscht werde. Dies verstoße gegen das Gebot, im freien Wettbewerb mit den Kollegen keine unlauteren Mittel anzuwenden.

2. Die 2. Kammer des Ersten Senats hat die Verurteilungen aufgehoben und das Verfahren an das Landesberufsgericht zurückverwiesen, weil sie den Bf in seinem Grundrecht aus Art. 12 verletzten. Zur Begründung führt die Kammer im Wesentlichen aus: Es sind keine Gemeinwohlbelange ersichtlich, die es rechtfertigen könnten, einem Zahnarzt die Einrichtung eines Zahnarztsuchservice zu verbieten. Von den Zahnärzten mitgeteilte Angaben über ihre Tätigkeit können auch im Internet nicht generell verboten werden, sofern sie sachlich und nicht irreführend sind. Wie die Kammer ausführt, besteht ein begründetes Bedürfnis der Allgemeinheit, über Spezialisierungen und weitere Tätigkeitsgebiete wie auch die Praxisausstattung (z. B.: behindertengerechte Praxiseinrichtungen) informiert zu werden. Davon geht im übrigen auch die Bezirkszahnärztekammer aus, wenn sie aus der bei ihr geführten Liste ebenfalls Auskünfte über Spezialisierungen nach der Selbsteinschätzung der Zahnärzte erteilt. Wie der Bf hält sie den Hinweis, alle Angaben lägen in der Verantwortung der genannten Zahnärzte für ausreichend, um eine Irreführung der Patienten zu vermeiden. Worin dann die besondere Gefährdung von Gemeinwohlinteressen bei einem, von einem gemeinnützigen Verein unter Leitung eines Zahnarztes betriebenen Informationsdienstes liegen soll, ist in den Entscheidungen nicht begründet worden.

Karlsruhe, den 30. Oktober 2001