Bundesverfassungsgericht

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Informationen zum Verfahren "Parteispendenuntersuchungsausschuss"

Pressemitteilung Nr. 29/2002 vom 7. März 2002

Az. 2 BvE 2/01

Der Zweite Senat verhandelt am 18. März 2002 im Verfahren zum Parteispendenuntersuchungsausschuss.

Die Vorgeschichte

Dieser Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages ist auf Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen im Dezember 1999 eingesetzt worden. Der Wortlaut des Antrags ist in der Bundestagsdrucksache 14/2139 (ergänzt durch 2686) abgedruckt. Ein Änderungsantrag der Fraktionen von CDU/CSU und FDP war abgelehnt worden. Im Februar 2000 erweiterte der Bundestag - ebenfalls auf Antrag der SPD- und Grünen-Fraktionen den Untersuchungsausschuss um eine neue Ziffer IV:

Sofern tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, soll der Ausschuss auch klären, inwieweit Parteien die nach dem Grundgesetz und dem Parteiengesetz bestehende Verpflichtung zur öffentlichen Rechenschaftslegung über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel und über ihr Vermögen verletzt haben, wer diese Pflichtverletzung begangen oder daran mitgewirkt hat bzw. davon Kenntnis hatte, woher die in den Rechenschaftsberichten nicht oder nur lückenhaft ausgewiesenen Einnahmen und Vermögenswerte stammen und welchem Zweck sie dienten bzw. wo diese verblieben.

Die bisherige Ziffer IV wird Ziffer V.

Dem Ausschuss gehören fünfzehn Mitglieder an: 7 SPD-Abgeordnete, 5 CDU/CSU-Abgeordnete und je ein Mitglied der Grünen, FDP und PDS. Der Untersuchungsausschuss hat bisher 98mal getagt. Dabei fasste er 434 Beweisbeschlüsse, darunter die Einvernahme von 252 Zeugen. 104 dieser Zeugen wurden bisher vernommen. In der 98. Sitzung am 15. November 2001 beschloss der Ausschuss auf Antrag der SPD-Vertreter und gegen die Stimmen der CDU/CSU-Vertreter, die Zeugenbefragung bis Ende Dezember 2001 zu beenden und im Mai den Abschlussbericht an das Plenum zu beschließen.

a) Zu diesem Zeitpunkt waren eine Reihe von Zeugen, deren Befragung vom Untersuchungsausschuss beschlossen worden war, noch nicht gehört worden, darunter Bundeskanzler Schröder, Finanzminister Eichel und einige frühere Schatzmeister der SPD. Diese Zeugen sollten insbesondere zu Nr. IV des Untersuchungsauftrags vernommen werden. Dabei sollte es u. a. um die Umstände des Verkaufs der Eisenbahn-Wohnungsgesellschaft bzw. den Bau einer Pipeline (Schröder), angebliche illegale Zuwendungen im Zusammenhang mit der Privatisierung von Leuna/Minol (Eichel) und die Spendensammelpraxis der SPD in den 80-er Jahren (Schatzmeister) gehen. Der Ausschuss hatte die Vernehmung dieser Zeugen zwar beschlossen, aber noch nicht durchgeführt. Diverse Terminierungsanträge der CDU/CSU-Vertreter waren abgelehnt oder im Hinblick auf den Beschluss des Ausschusses vom 15. November 2001 für erledigt erklärt worden.

b) Daneben hatten die Vertreter der CDU/CSU im Laufe der Ausschusssitzungen eine Reihe von Beweisanträgen gestellt, die von der Ausschussmehrheit als unzulässig abgelehnt worden waren. Dabei ging es unter anderem um eine Großspende der damaligen Abgeordneten Däubler-Gmelin und um das Finanzgebaren der SPD im Zusammenhang mit den Beteiligungen an einigen GmbHs, Vermietungen und der Finanzierung des Willy-Brandt-Hauses in Berlin. Es sei jeweils dem Verdacht eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz durch die Verletzung der Pflicht zur Rechenschaftslegung nachzugehen. Nach der Auffassung der Ausschussmehrheit lagen die Anträge außerhalb des Untersuchungsauftrages.

Die Rechtslage

Das Recht des Parlaments bzw. eines Teils desselben zur Einsetzung parlamentarischer Untersuchungsausschüsse ist in Art. 44 GG verankert. Seit der VI. Wahlperiode verfahren die Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages nach dem sogenannten IPA-Regeln (abgedruckt in der Bundestagsdrucksache V/4209); deren Geltung ist auch für den hier betroffenen Untersuchungsausschuss im Einsetzungsbeschluss vorgesehen. Das Gesetz über das Recht der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse vom 19. Juni 2001 gilt für den Parteispendenausschuss nicht, da es nur auf nach dem 1. Juli 2001 eingesetzte Untersuchungsausschüsse Anwendung findet.

Die Anträge

Die Antragssteller wenden sich mit ihrer Organklage dagegen, dass die bereits beschlossenen Beweiserhebungen nicht durchgeführt worden sind und weitere, von ihnen gestellte Beweisanträge abgelehnt wurden. Aus Art. 44 GG i. V. m. § 12 Abs. 2 IPA-Regeln folge ein Beweiserzwingungsrecht der Ausschussminderheit. Beweise müssten erhoben werden, wenn ein Viertel der Ausschussmitglieder dies beantrage und der Beweisantrag nicht offensichtlich außerhalb des Untersuchungsauftrags liege. Der Untersuchungsauftrag sei erst erfüllt, wenn die beschlossenen Beweise auch tatsächlich erhoben seien. Die Ausschussmehrheit dürfe nicht zur Verhinderung ihr missliebiger Beweiserhebung diese bis zum Ende der Legislaturperiode verzögern.

Demgegenüber vertritt der Antraggegner - der parlamentarische Untersuchungsausschuss - die Auffassung, der Antrag der CDU/CSU-Fraktion (Antragstellerin zu 1) sei schon unzulässig. Die Antragstellerin zu 1 habe selbst keinen Antrag auf Einsetzung des Parteispendenuntersuchungsausschusses gestellt, habe im Gegenteil gegen die Erweiterung des Einsetzungsantrages gestimmt, auf die sämtliche im Streit befindliche Beweisanträge der Antragsteller zu 2 gestützt worden seien. Ihr stehe kein Rechtsschutzbedürfnis zu, da sie die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den sie interessierenden Themen hätte beantragen können.

Im Übrigen genieße die Ausschussmehrheit weitgehendes Verfahrensermessen. Die "schlichte" Minderheit habe weder ein Recht auf Terminierung noch auf die Erhebung unzulässiger Beweise. Die Fortsetzung der Zeugenvernehmung würde den Abschluss der Untersuchungen sowie die Erstellung eines Abschlussberichts bis zu einem Zeitpunkt, zu dem ihn der Deutsche Bundestag noch wahrnehmen und debattieren könne, gefährden.

Karlsruhe, den 7. März 2002