Bundesverfassungsgericht

Sie sind hier:

Werberecht - diesmal für Tierärzte

Pressemitteilung Nr. 33/2002 vom 12. März 2002

Beschluss vom 18. Februar 2002
1 BvR 1644/01

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat § 14 der Berufsordnung der Tierärztekammer Nordrhein für unvereinbar mit Art. 12 Abs. 1 des GG und nichtig erklärt.

Nach § 6 Abs. 1 dieser Berufsordnung ist lediglich standeswidrige Werbung untersagt, die Einzelheiten werden in § 14 Berufsordnung geregelt. Dieser zählt minutiös die zulässigen Informationen, Werbemedien und Häufigkeit von Anzeigen auf und erlaubt eine Größe von maximal vier Zentimeter Höhe für Zeitungsanzeigen.

Dem Bundesverfassungsgericht lag eine Verfassungsbeschwerde (Vb) eines Tierarztes vor, der vom OLG Düsseldorf verurteilt worden war, es zu unterlassen, ohne bestimmten Anlass Anzeigen zu schalten. Ausgangspunkt war eine Anzeige des Beschwerdeführers (Bf) in einer kostenlos verteilten Stadtteilzeitung, die unter der Überschrift "Tierärztliche Praxis für Kleintiere Claus M., praktischer Tierarzt" eine Mitteilung über die dort eingerichtete Röntgenstelle, die Adresse und die Öffnungszeiten des Tierarztes enthielt. Das Oberlandesgericht hatte einen Verstoss gegen § 1 UWG in Verbindung mit § 14 der Berufsordnung angenommen und die Verfassungswidrigkeit des § 14 BO verneint. Grundrechtsschutz verdient nur die sachliche Informationswerbung, nicht aber die Aufmerksamkeitswerbung in Anzeigen.

Die Kammer hat unter Hinweis auf die ständige Rechtssprechung des BVerfG seit 1985 festgestellt, dass die entsprechende Vorschrift der Berufsordnung verfassungswidrig ist. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach darauf hingewiesen, dass den Angehörigen der freien Berufe nicht jede, sondern lediglich die berufswidrige Werbung verboten ist, sie aber durchaus sachlich angemessen auf ihre Berufsausübung aufmerksam machen können. Die nach § 14 BO lediglich zulässigen Informationen können z. T. schon kaum als Werbung charakterisiert werden, wie die Kammer ausführt. Insgesamt schränkt die Norm die Berufsfreiheit der betroffenen Tierärzte ohne rechtfertigenden Grund übermäßig ein. Das OLG seinerseits hat die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwar zitiert, nicht aber tatsächlich angewandt und die Berufsordnung nicht selbst für nichtig erklärt; dies blieb der 2. Kammer des Ersten Senats überlassen.

Karlsruhe, den 12. März 2002