Bundesverfassungsgericht

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Antrag der Republik Argentinien auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen Staatsnotstands ohne Erfolg

Pressemitteilung Nr. 10/2003 vom 14. Februar 2003

Beschluss vom 13. Februar 2003
2 BvQ 3/03

Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit Beschluss vom 13. Februar 2003 einen Antrag der Republik Argentinien auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Landgericht Frankfurt am Main abgelehnt.

Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Argentinien behauptete, sich in einem durch Zahlungsunfähigkeit verursachten Staatsnotstand zu befinden. Mit dieser Begründung begehrte Argentinien einstweiligen Rechtsschutz gegen das Landgericht (LG) Frankfurt am Main. Dieses hatte für den 14. Februar 2003 einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt, mit der möglicherweise einer Zahlungsklage der Kläger in einem Urkundsprozess gegen Argentinien stattgegeben worden wäre. Argentinien (Antragstellerin; ASt) fürchtete, dass der drohende Erlass eines Zahlungstitels ihre laufenden Bemühungen vereiteln würde, die zur Beseitigung des behaupteten Staatsnotstandes erforderlichen Umschuldungsverhandlungen durchzuführen. Argentinien wollte erreichen, dass das LG in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des BVerfG herbeiführt und das Ausgangsverfahren aussetzt, und berief sich auf die Verletzung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz und das Recht auf den gesetzlichen Richter, weil eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 2 GG im Hinblick auf das Bestehen einer gewohnheitsrechtlich anerkannten völkerrechtlichen Notstandsregel unterlassen worden sei.

In den Gründen der Entscheidung heißt es:

Der Antrag ist unzulässig. Argentinien hatte weder ein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis noch verfolgte es mit seinem Antrag einen zulässigen Regelungsinhalt.

1. Die ASt kann ihr Rechtsschutzziel noch wirksam vor den Fachgerichten verfolgen. Ihr stehen die zivilprozessualen Rechtsbehelfe zur Verfügung.

Darüber hinaus stand im vorhinein keineswegs sicher fest, dass im Termin am 14. Februar 2003 der Klage im Ausgangsverfahren stattgegeben würde. Der Termin zur Verkündung einer Entscheidung eines Gerichts kann grundsätzlich nicht der Anlass für ein Tätigwerden des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sein, selbst wenn nach dem Eindruck der Parteien und den Äußerungen des Ausgangsgerichts in der mündlichen Verhandlung Anzeichen für einen bestimmten Entscheidungsinhalt auszumachen sind.

2. Die Voraussetzungen für eine Ausnahme lagen nicht vor. Denn es ist der ASt zuzumuten, den Rechtsweg vor den Fachgerichten auszuschöpfen. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ein Antrag auf Vorlage einer entscheidungserheblichen völkerrechtlichen Fragestellung an das BVerfG im Ausgangsverfahren oder das Ergreifen eines anderen Rechtsbehelfs von vornherein aussichtslos wäre. Die ASt musste die Gelegenheit nutzen, das Landgericht auf die ihrer Auffassung nach bestehende Vorlagepflicht hinzuweisen.

Darüber hinaus war vorbeugender Rechtsschutz gegen eine noch nicht ergangene fachgerichtliche Entscheidung in diesem Fall nicht notwendig. Um abschließende Entscheidungen der Zivilgerichte zwangsweise durchzusetzen, bedarf es besonderer Vollzugshandlungen. Insoweit stehen der ASt weitere Rechtsbehelfe zur Verfügung.

3. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung richtet sich schließlich auf einen unzulässigen Inhalt. Die Antragstellerin hat beantragt, das Landgericht zur Einhaltung seiner Vorlagepflicht an das BVerfG und zur Aussetzung des Ausgangsverfahrens anzuweisen. Dies ist nach dem Gesetz prozessual nicht möglich, weil das Bundesverfassungsgericht derartige Rechtsfolgen auch im Verfahren der Hauptsache - in diesem Fall einer Verfassungsbeschwerde - nicht bewirken könnte.

Karlsruhe, den 14. Februar 2003