Bundesverfassungsgericht

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Bundesverfassungsgericht verhandelt Klage von Union und FDP gegen Bundeshaushalt 2004

Pressemitteilung Nr. 120/2006 vom 19. Dezember 2006

2 BvF 1/04

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am

Mittwoch, 14. Februar 2007, 10:00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe

den Normenkontrollantrag von 293 Abgeordneten des 15. Deutschen Bundestages (CDU/CSU- und FDP-Bundestagsfraktion) gegen den Bundeshaushalt 2004. Gegenstand des Normenkontrollantrags sind §§ 1 und 2 Abs. 1 des Bundeshaushaltsgesetzes vom 18. Februar 2004 in der Fassung des Nachtragshaushaltsgesetzes 2004 vom 21. Dezember 2004.

1. Das Normenkontrollverfahren betrifft zum einen die Frage, ob es mit Art. 110 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG vereinbar gewesen ist, dass § 1 des Haushaltsgesetzes 2004 bei der Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2004 erst in der Fassung des Nachtragshaushaltsgesetzes 2004 vom 21. Dezember 2004

  • den (Soll-) Anteil des Bundes am Reingewinn der Deutschen Bundesbank i.H.v. 248 Mio. Euro (ursprünglich 3,5 Mrd. Euro) angesetzt hat,
  • berücksichtigt hat, dass das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz IV") vom 24. Dezember 2003 in seinen wesentlichen Teilen erst am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist.

Hilfsweise begehren die Antragsteller die Feststellung, dass § 1 des Haushaltsgesetzes 2004 in seiner ursprünglichen Fassung vom 18. Februar 2004 gegen Art. 110 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG verstoßen hat.

Die Antragsteller tragen vor, dass der Bundeshaushaltsplan 2004 a.F. eine "Deckungslücke" i.H.v. 5,51 Mrd. Euro aufgewiesen habe. Diese sei auf eine fehlerhafte Prognose des Gewinns der Deutschen Bundesbank 2003 und auf eine unzulängliche Berücksichtigung des Inkrafttretens des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt zurückzuführen. Der Haushaltsplan 2004 a.F. habe gegen das Ausgleichs-, das Wahrheits- und das Vollständigkeitsgebot des Art. 110 Abs. 1 und 2 GG verstoßen. Bereits im Spätjahr 2003 sei abzusehen gewesen, dass die Bundesbank weniger als ein Zehntel des veranschlagten Gewinns 2003 an den Bund werde abführen können. Ab Januar 2004 habe kein Zweifel an einem niedrigeren Bundesbankgewinn mehr bestanden. Die Verschiebung von "Hartz IV" in das Jahr 2005 sei seit der Verabschiedung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt am 24. Dezember 2003 bekannt gewesen. Der Nachtragshaushalt habe die Verfassungswidrigkeit des Haushaltsgesetzes 2004 a.F. nicht heilen können. Bereits bei Verabschiedung des Haushaltsplan 2004 a.F. am 18. Februar 2004 sei dessen Korrekturbedürftigkeit sowohl hinsichtlich des Bundesbankgewinns als auch hinsichtlich "Hartz IV" offenkundig gewesen. Zudem habe im Mai der "Arbeitskreis Steuerschätzung" für das laufende Jahr einen Steuerausfall von rund 9 Mrd. Euro vorhergesagt. Deshalb sei der Nachtragshaushalt spätestens Ende Mai 2004 vollends unumgänglich geworden. Das Nachtragsverfahren sei dazu missbraucht worden, ein von Anbeginn bestehendes Defizit bis zum Jahresende zu verschleiern, um es erst im letzten Augenblick aufzudecken und dann kurzer Hand mit einer Erhöhung der Kreditermächtigung glatt zu ziehen, anstatt es rechtzeitig mit exakt geplanten haushalts- und finanzwirtschaftlichen Mitteln zu beseitigen. Mit dem verspäteten Einbringen des Nachtragshaushalts 2004 habe die Bundesregierung das Ausgabebewilligungsrecht des Bundestags unterlaufen; das Nachtragshaushaltsgesetz 2004 verstoße gegen das auch für Nachtragshaushalte verbindliche Vorherigkeitsprinzip (Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG).

2. Des Weiteren betrifft das Normenkontrollverfahren die Frage, ob es mit dem Grundgesetz, insbesondere mit seinem Art. 115 Abs. 1 Satz 2, vereinbar gewesen ist, dass § 2 Abs. 1 des Haushaltsgesetzes 2004 i.d.F. des Nachtragshaushaltsgesetzes 2004 das Bundesministerium der Finanzen zu einer Kreditaufnahme in Höhe von 43,5 Mrd. Euro (ursprünglich 29,3 Mrd. Euro) ermächtigt hat, deren Höhe die im Nachtrag zum Gesamtplan des Bundeshaushaltsplans 2004 in unveränderter Höhe ausgewiesenen Ausgaben für Investitionen (24,6 Mrd. Euro) überstiegen hat. Die Antragsteller kritisieren, dass damit die Verschuldungsgrenze des Art. 115 GG überschritten werde: Die im Haushaltsplan 2004 veranschlagte Investitionssumme von 24,6 Mrd. Euro sei zunächst um 4,7 Mrd. Euro oder 19,1 % und schließlich um 18, 9 Mrd. Euro oder mehr als 75 % überschritten worden. Dies rechtfertige die Bundesregierung - nun schon zum vierten Mal - mit der Konjunkturklausel des Art. 115 Abs 1 Satz 2 GG. Was diese Vorschrift gemeinsam mit Art. 109 Abs. 2 GG und dem Stabilitätsgesetz nur als Ausnahme bei einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts hinnehme, sei für die Bundesregierung mittlerweile zur Regel geworden.

Zu dem Normenkontrollantrag haben die Bundesregierung, vertreten durch Prof. Dr. Ulrich Häde, Frankfurt (Oder), und die Bayerische Staatsregierung Stellung genommen.

Hinweis

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wollen, wenden sich bitte schriftlich an

Herrn Oberamtsrat Kambeitz
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Fax: 0721 9101-461

Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und eine Telefon- oder Faxnummer anzugeben.

Verhandlungsgliederung zur mündlichen Verhandlung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 14. Februar 2007

Verhandlungsgliederung
A. Einführende Stellungnahmen der Antragsteller, der Bundesregierung und
weiterer Äußerungsberechtigter (je 10 Minuten)
B. Vereinbarkeit des § 1 des Bundeshaushaltsgesetzes 2004 mit Art. 110
Abs. 1 und Abs. 2 GG (Haupt- und Hilfsantrag)
    I. Voraussetzungen und Folgen einer Verletzung der allgemeinen
Haushaltsgrundsätze der Vollständigkeit, des Ausgleichs von Einnahmen
und Ausgaben und der Vorherigkeit
    II. Zeitpunkt der Korrektur der Haushaltsansätze und Praxis der
Nachtragshaushalte
    III. Finanzielle Folgen des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen
am Arbeitsmarkt ("Hartz IV") - "Deckungslücke" im Haushaltsplan a.F.
    IV. Anteil am Reingewinn der Deutschen Bundesbank
C. Vereinbarkeit des § 2 des Bundeshaushaltsgesetzes 2004 (n.F.) mit
Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG
    I. Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG i.V.m. Art. 109 Abs. 2 GG als Maßstab
verfassungsrechtlicher Verschuldungsgrenzen im Verhältnis zu
weiteren Verfassungsnormen und Verfassungsprinzipien
    II. Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG und aktuelle Konzepte der
Schuldenbegrenzung: Reformbedarf? Konsequenzen für die
Auslegung nach geltendem Recht?
    III. Auslegung der schuldenbegrenzenden Tatbestände im Einzelnen
        1. Höhe der veranschlagten Investitionen als Regelgrenze
        2. Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts
        3. Einnahmen aus Krediten als geeignetes Instrument zur Abwehr
einer Störung
    IV. Die Kreditermächtigung gem. § 2 des Bundeshaushaltsgesetzes 2004 (n.F.)
D. Entscheidungsfolgen 
E. Abschließende Stellungnahmen 

Akkreditierungshinweise für die Verhandlung am 14. Februar 2007

Akkreditierung

Alle Medienvertreter haben sich schriftlich bis zum Freitag, 9. Februar 2007, 12:00 Uhr zu akkreditieren (Fax Nr. 0721 9101-461). Die Akkreditierungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Nach Ablauf der Frist eingegangene oder per E-Mail gesendete Akkreditierungen können nicht berücksichtigt werden.

Auch die Pool-Mitglieder für die Fernseh- und Fotoaufnahmen (siehe unten) sind innerhalb der genannten Frist schriftlich mitzuteilen. Die Anträge werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt.

Allgemeines

Für Medienvertreter stehen auf der Presseempore insgesamt 43 Sitzplätze zur Verfügung. Davon sind 11 Plätze für die Mitglieder der Justizpressekonferenz reserviert. Soweit Medienvertreter auf der Presseempore keinen Platz haben, müssen sie sich nach der Feststellung der Anwesenheit der Beteiligten in den 1. Stock begeben. Der weitere Aufenthalt vor dem Sitzungssaal ist nicht gestattet.

Im Presseraum stehen weitere 50 Sitzplätze zur Verfügung - davon sind 30 Plätze mit einem 230 V-Anschluss für Laptops ausgestattet. Außerdem steht ein Analog-Modem (mit TAE-Stecker) zur Verfügung. Es findet eine Tonübertragung aus dem Sitzungssaal statt.

Handys sind wegen der störenden Geräusche auszuschalten. Laptops dürfen im Sitzungssaal ebenfalls nicht benutzt werden.

Foto- und Fernsehaufnahmen

1. Foto-, Film- und Tonaufnahmen sind zulässig, bis der Vorsitzende des Senats die Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten festgestellt hat. Danach haben Fotografen und Kamerateams die Ebene des Sitzungssaals (auch äußeren Flurraum und Pressetribüne) zu verlassen. Zum Aufenthalt steht der Presseempfangsraum (1. OG) zur Verfügung.

Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher Sender mit jeweils maximal drei Kameras) sowie sechs Fotografen (vier Agenturfotografen und zwei freie Fotografen) zugelassen.

Die Bestimmung der "Pool-Mitglieder" bleibt den vorgenannten Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografen überlassen.

Die "Pool-Mitglieder" verpflichten sich, auf entsprechende Anforderung die Aufnahmen anderen Rundfunkanstalten und Fotografen- Konkurrenzunternehmen zur Verfügung zu stellen.

2. Bei Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal darf durch Fotografen, Kameraleute und sonstige Medienvertreter das freie Blickfeld des Senats nach allen Seiten nicht verstellt werden. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Sitzungsamtsmeister ist Folge zu leisten.

Standorte für die Fernsehkameras (je zwei) sind der Mittelgang und (von der Richterbank aus gesehen) die rechte Seite im Sitzungssaal sowie die Pressetribüne.

3. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sowie in der Mittagspause sind Interviews, Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen im Sitzungssaal lediglich für den Zeitraum von 20 Minuten zugelassen. Für weitere Aufnahmen stehen der Presseempfangsraum (1. OG) oder das Foyer (EG) zur Verfügung.

Fahrzeuge der Fernsehteams

Für SNG-, Schnitt- und Übertragungsfahrzeuge steht nur eine begrenzte Anzahl von Standplätzen zur Verfügung.

Falls ein Standplatz benötigt wird, ist dies bereits bei der Akkreditierung anzugeben. Die Standplätze werden nach Eingang des Antrags vergeben.

Für die Zuweisung der Standplätze werden folgende Angaben benötigt: Größe, Gewicht, Kennzeichen und evtl. Strombedarf.

Anfahrt und Aufbau sind am Vortag der mündlichen Verhandlung von 9:00 bis 18:00 sowie am Tag der mündlichen Verhandlung zwischen 7:00 und 9:00 Uhr möglich.

Falls Strom über das Bundesverfassungsgericht bezogen werden soll, ist dies bis spätestens 15:00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung mitzuteilen.

Aufbau von Studios

Der Aufbau von Studios ist in Absprache mit der Pressestelle ausschließlich im Presseempfangsraum (1. OG) sowie im Foyer (EG) möglich. Die Namen und Kfz-Kennzeichen der Teams sind bis spätestens 15:00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung mitzuteilen.

Diese Hinweise finden ihre Grundlage in § 17 a BVerfGG in Verbindung mit den ergänzenden Regelungen des Ersten und Zweiten Senats.