Bundesverfassungsgericht

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Altersgrenze von 65 Jahren für den Einsatz von Verkehrspiloten bei gewerbsmäßigen Flugunternehmen verfassungsgemäß

Pressemitteilung Nr. 12/2007 vom 2. Februar 2007

Beschluss vom 26. Januar 2007
2 BvR 2408/06

Der Beschwerdeführer, der Inhaber einer bis Anfang Februar 2007 gültigen Verkehrspilotenlizenz und eines Tauglichkeitszeugnisses für Verkehrspiloten ist, ist als Verkehrspilot bei einem gewerbsmäßigen Flugunternehmen beschäftigt. Seit der Vollendung seines 65. Lebensjahres im August 2006 darf er aufgrund der Bestimmungen der vom Bundesministerium für Verkehr erlassenen Luftverkehrszulassungsordnung, die ihrerseits auf Regelungen der JAR-FCL (ein unter deutscher Beteiligung erarbeitetes Regelungswerk einer internationalen Institution) verweist, von gewerbsmäßigen Flugunternehmen nicht mehr als Verkehrspilot eingesetzt werden. Ein Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Eilrechtsschutz blieb vor den Verwaltungsgerichten ohne Erfolg. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde von der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts nicht zur Entscheidung angenommen. Die Regelung zur gesetzlichen pauschalen Altersgrenze für gewerbsmäßig fliegende Verkehrspiloten verletze den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG).

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Das Luftverkehrsgesetz ermächtigt das Bundesministerium für Verkehr, durch Rechtsverordnung Anforderungen an die Befähigung und Eignung von Personen festzulegen, die einer Erlaubnis nach dem Luftverkehrsgesetz bedürfen. Mit dieser Ermächtigung hat der Gesetzgeber Eingriffe in die Berufsfreiheit zugelassen und damit dem verfassungsrechtlichen Erfordernis der Regelung wesentlicher Grundrechtseingriffe durch Parlamentsgesetz Genüge getan. Dem Verordnungsgeber verbleibt lediglich ein Ausgestaltungsspielraum bezüglich der konkreten Anforderungen. Diesen hat er in verfassungsgemäßer Weise wahrgenommen. Die Frage, ob berufsspezifische Altersgrenzen im allgemeinen durch den Verordnungsgeber erlassen werden dürfen oder ob hierfür ein Gesetz im formellen Sinne erforderlich ist, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Die Altersgrenze für Piloten knüpft in erster Linie an medizinische Tatbestände und Erkenntnisse an und ist dem besonderen Umstand geschuldet, dass von der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, die Kernbestand der Befähigung und Eignung eines Verkehrspiloten ist, die Sicherheit und körperliche Unversehrtheit einer Vielzahl von Personen abhängen. Die Altersgrenze für Verkehrspiloten steht dadurch in engem Zusammenhang mit den technischen und medizinischen Details der Voraussetzungen für die Erteilung von Erlaubnissen und Berechtigungen, deren Regelung und Anpassung an neue Erkenntnisse dem Verordnungsgeber gerade auch wegen seiner Möglichkeiten zu einer zügigen Reaktion obliegt.

Die Bezugnahme in der Luftverkehrszulassungsordnung auf die von einer internationalen Institution, den Joint Aviation Authorities, erarbeiteten Regelungen der JAR-FCL ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Verordnungsgeber hat an eine bestimmte Fassung der JAR- FCL und nicht an deren jeweils geltende Fassung angeknüpft und so eine zulässige statische Verweisung vorgenommen. Die Gefahr, dass Rechtsetzung außerhalb des Einflussbereichs des legitimierten Rechtsetzungsorgans stattfindet, besteht daher nicht.

Inhaltlich bestehen gegen die Festlegung einer Altersgrenze für den Einsatz von Verkehrspiloten bei gewerbsmäßigen Flugunternehmen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Bundesverfassungsgericht hat unter Berufung auf wichtige Gemeinwohlinteressen unter anderem die Altersgrenzen für Notare (70 Jahre), Vertragsärzte (68 Jahre) sowie die tarifliche Altergrenze für Piloten, die sogar bei 60 Jahren liegt, für verfassungsgemäß gehalten. Der vorliegende Fall bietet angesichts der besonderen Interessen und der Schutzbedürftigkeit der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Sicherheit des gewerblichen Flugverkehrs keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.