Bundesverfassungsgericht

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Mündliche Verhandlung über den Hauptsacheantrag der FDP-Fraktion zum Einsatz deutscher Soldaten in AWACS-Flugzeugen über der Türkei

Pressemitteilung Nr. 4/2008 vom 21. Januar 2008

2 BvE 1/03
2 BvE 1/03

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am

Dienstag, 12. Februar 2008, 10:00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe

den Antrag der Fraktion der FDP zur Frage, ob der Einsatz deutscher Soldaten in AWACS-Flugzeugen der NATO zur Luftraumüberwachung über dem Hoheitsgebiet der Türkei im Frühjahr 2003 der Zustimmung des Deutschen Bundestages bedurfte.

Die Verhandlungsgliederung finden Sie im Anhang an diese Pressemitteilung

Die Türkei beantragte im Februar 2003 Konsultationen der Mitglieder der NATO nach Art. 4 des NATO-Vertrages. Auf der Grundlage der nachfolgend durchgeführten Konsultationen und Planungen ermächtigte der Verteidigungsplanungsausschuss der NATO am 19. Februar 2003 die militärischen Behörden des Bündnisses, NATO-AWACS-Flugzeuge und Systeme zur Abwehr von Raketenangriffen sowie Angriffen mit chemischen und biologischen Waffen in der Türkei zu stationieren. Daraufhin wurden zunächst zwei und etwa drei Wochen später nochmals zwei AWACS-Flugzeuge der NATO von ihrem Standort in Geilenkirchen auf den Luftwaffenstützpunkt Konya in der Türkei verlegt. Die vier Maschinen wurden in der Zeit vom 26. Februar 2003 bzw. 18. März 2003 bis zum 17. April 2003 im türkischen Luftraum zu Überwachungszwecken eingesetzt. Bei den eingesetzten AWACS-Flugzeugen handelt es sich um ein luftgestütztes Warn- und Überwachungssystem zur Früherkennung von Flugzeugen oder anderen fliegenden Objekten. Das System leistet Kontroll- und Führungsfunktionen und dient der Leitung von Jagdflugzeugen, wobei die AWACS-Flugzeuge selbst nicht mit Waffen ausgestattet sind. Die Besatzungen bestehen aus Angehörigen der Streitkräfte von zwölf NATO-Mitgliedern. Bei etwa einem Drittel der Besatzungsmitglieder handelt es sich um Soldaten der Bundeswehr.

Im März 2003 teilte der Vorsitzende der FDP-Fraktion dem Bundeskanzler mit, dass nach Überzeugung der Fraktion die Bundesregierung verpflichtet sei, für die Beteiligung deutscher Soldaten an den AWACS-Einsätzen über der Türkei die Zustimmung des Deutschen Bundestages zu beantragen. Zumindest müsse die Bundesregierung darauf vorbereitet sein, einen solchen Antrag im Falle eines bewaffneten Konflikts unverzüglich zu beschließen und dem Deutschen Bundestag zur Abstimmung vorzulegen. Die Bundesregierung lehnte es ab, die Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen. Zur Begründung führte sie an, dass die NATO-AWACS-Flugzeuge über dem Territorium der Türkei nur Routineflüge durchführten. Ihre ausschließliche Aufgabe sei die strikt defensive Luftraumüberwachung über der Türkei. Sie leisteten keinerlei Unterstützung für Einsätze im oder gegen den Irak.

Nachdem in den frühen Morgenstunden des 20. März 2003 der bewaffnete Konflikt im Irak begonnen hatte, brachten Abgeordnete der FDP sowie die FDP-Fraktion am selben Tag in der Sitzung des Deutschen Bundestages einen Entschließungsantrag ein. Hiernach sollte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auffordern, der Verpflichtung durch das Grundgesetz nachzukommen und die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages für die Beteiligung deutscher Soldaten an den AWACS-Einsätzen über der Türkei unverzüglich zu beantragen. Der Antrag erreichte nicht die erforderliche Mehrheit.

Einen Antrag der FDP-Fraktion auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der sie erreichen wollte, dass die deutsche Beteiligung an den AWACS-Einsätzen in der Türkei nur auf der Grundlage eines Bundestagsbeschlusses aufrecht erhalten werden dürfe, lehnte der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 25. März 2003 ab. (siehe Pressemitteilung Nr. 26/2003 vom 25. März 2003).

Mit ihrem Hauptsacheantrag begehrt die Antragstellerin die Feststellung, dass die Bundesregierung, indem sie für den Einsatz deutscher Soldaten bei Maßnahmen der Luftüberwachung zum Schutz der Türkei nicht die Zustimmung des Deutschen Bundestages eingeholt hat, dessen Recht verletzt hat. Es handele sich um einen Einsatz, der der parlamentarischen Zustimmung bedürfe. Der Einsatz der AWACS-Flugzeuge in der Türkei stelle keinesfalls eine reine Routinemaßnahme wie die Überwachung einer Grenze in Friedenszeiten dar. Die Bitte der Türkei um Schutzmaßnahmen der NATO beweise vielmehr, dass dieser Einsatz militärische Bedeutung in einem bewaffneten Konflikt habe und Schutz vor einer konkreten militärischen Bedrohung gewähren solle. Eine für das Staatswesen so wesentliche Entscheidung wie die Entfaltung militärischen Machtpotenzials durch Einsatz von oder Drohung mit bewaffneter Gewalt dürfe nicht allein der Exekutive überantwortet werden. Dies folge auch aus dem Gebot, für die beteiligten deutschen Soldaten Rechtssicherheit zu gewährleisten und ihnen politische Rückendeckung zu geben.

Hinweis

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wollen, wenden sich bitte schriftlich an

Herrn Oberamtsrat Kambeitz
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Fax: 0721 9101-461

Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und eine Telefon- oder Faxnummer anzugeben.

Verhandlungsgliederung zur mündlichen Verhandlung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 12. Februar 2008

I. Einführende Stellungnahmen
II. Zulässigkeit
III. Begründetheit
    1. Verfassungsrechtlicher Maßstab der Zustimmungsbedürftigkeit von
Auslandseinsätzen der Bundeswehr
        a) Der wehrverfassungsrechtliche Parlamentsvorbehalt in der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts
        b) Insbesondere "Einsatz bewaffneter Streitkräfte"
    2. Subsumtion
        a) Die NATO-Überwachung der Türkei: Tatsächlicher Hintergrund
und Einsatzzusammenhang
        b) Bedeutung der rules of engagement
IV. Folgen einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
V. Abschließende Stellungnahmen

Akkreditierungshinweise für die Verhandlung am 12. Februar 2008

Akkreditierung

Alle Medienvertreter haben sich schriftlich bis zum Mittwoch, 6. Februar 2008, 12:00 Uhr zu akkreditieren (Fax Nr. 0721 9101-461). Die Akkreditierungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Nach Ablauf der Frist eingegangene oder per E-Mail gesendete Akkreditierungen können nicht berücksichtigt werden.

Auch die Pool-Mitglieder für die Fernseh- und Fotoaufnahmen (siehe unten) sind innerhalb der genannten Frist schriftlich mitzuteilen. Die Anträge werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt.

Allgemeines

Für Medienvertreter stehen auf der Presseempore insgesamt 43 Sitzplätze zur Verfügung. Davon sind 11 Plätze für die Mitglieder der Justizpressekonferenz reserviert. Soweit Medienvertreter auf der Presseempore keinen Platz haben, müssen sie sich nach der Feststellung der Anwesenheit der Beteiligten in den 1. Stock begeben. Der weitere Aufenthalt vor dem Sitzungssaal ist nicht gestattet.

Im Presseraum stehen weitere 50 Sitzplätze zur Verfügung - davon sind 30 Plätze mit einem 230 V-Anschluss für Laptops ausgestattet. Außerdem steht ein Analog-Modem (mit TAE-Stecker) zur Verfügung. Es findet eine Tonübertragung aus dem Sitzungssaal statt.Handys sind wegen der störenden Geräusche auszuschalten. Laptops dürfen im Sitzungssaal ebenfalls nicht benutzt werden.

Foto- und Fernsehaufnahmen

1. Foto-, Film- und Tonaufnahmen sind zulässig, bis der Vorsitzende des Senats die Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten festgestellt hat. Danach haben Fotografen und Kamerateams die Ebene des Sitzungssaals (auch äußeren Flurraum und Pressetribüne) zu verlassen. Zum Aufenthalt steht der Presseempfangsraum (1. OG) zur Verfügung.

Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher Sender mit jeweils maximal drei Kameras) sowie sechs Fotografen (vier Agenturfotografen und zwei freie Fotografen) zugelassen.

Die Bestimmung der "Pool-Mitglieder" bleibt den vorgenannten Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografen überlassen. Die "Pool-Mitglieder" verpflichten sich, auf entsprechende Anforderung die Aufnahmen anderen Rundfunkanstalten und Fotografen-Konkurrenzunternehmen zur Verfügung zu stellen.

2. Bei Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal darf durch Fotografen, Kameraleute und sonstige Medienvertreter das freie Blickfeld des Senats nach allen Seiten nicht verstellt werden. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Sitzungsamtsmeister ist Folge zu leisten.

Standorte für die Fernsehkameras (je zwei) sind der Mittelgang und (von der Richterbank aus gesehen) die rechte Seite im Sitzungssaal sowie die Pressetribüne.

3. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sowie in der Mittagspause sind Interviews, Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen im Sitzungssaal lediglich für den Zeitraum von 20 Minuten zugelassen. Für weitere Aufnahmen stehen der Presseempfangsraum (1. OG) oder das Foyer (EG) zur Verfügung.

Fahrzeuge der Fernsehteams

Für SNG-, Schnitt- und Übertragungsfahrzeuge steht nur eine begrenzte Anzahl von Standplätzen zur Verfügung.

Falls ein Standplatz benötigt wird, ist dies bereits bei der Akkreditierung anzugeben. Die Standplätze werden nach Eingang des Antrags vergeben.

Für die Zuweisung der Standplätze werden folgende Angaben benötigt: Größe, Gewicht, Kennzeichen und evtl. Strombedarf.

Anfahrt und Aufbau sind am Vortag der mündlichen Verhandlung von 9:00 bis 18:00 sowie am Tag der mündlichen Verhandlung zwischen 7:00 und 9:00 Uhr möglich.

Falls Strom über das Bundesverfassungsgericht bezogen werden soll, ist dies bis spätestens 15:00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung mitzuteilen.

Aufbau von Studios

Der Aufbau von Studios ist in Absprache mit der Pressestelle ausschließlich im Presseempfangsraum (1. OG) sowie im Foyer (EG) möglich.

Die Namen und Kfz-Kennzeichen der Teams sind bis spätestens 15:00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung mitzuteilen.

Diese Hinweise finden ihre Grundlage in § 17 a BVerfGG in Verbindung mit den ergänzenden Regelungen des Ersten und Zweiten Senats.