Bundesverfassungsgericht

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Verfassungsbeschwerde gegen steuerlichen Entlastungsbetrag nur für Alleinstehende nicht zur Entscheidung angenommen

Pressemitteilung Nr. 73/2009 vom 2. Juli 2009

Beschluss vom 22. Mai 2009, Beschluss vom 22. Mai 2009
2 BvR 310/07
2 BvR 2240/04

In der Vergangenheit war in § 32 Abs. 7 EStG ein Haushaltsfreibetrag für Alleinstehende geregelt. Das Bundesverfassungsgericht stellte mit Beschluss vom 10. November 1998 - 2 BvR 1057, 1226, 980/91 - (BVerfGE 99, 216) fest, dass die Vorschrift mit Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG unvereinbar war, soweit sie die in ehelicher Gemeinschaft lebenden, unbeschränkt steuerpflichtigen Eltern von der Gewährung des Haushaltsfreibetrages ausschloss. Es verlangte eine Neuregelung und sprach aus, dass für die Besteuerung des Einkommens der Eltern, denen ein Kinderfreibetrag oder Kindergeld zustand, in Höhe von 5.616 DM die gesetzliche Grundlage fehlen werde, sollte die Neuregelung nicht spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2002 in Kraft getreten sein. § 32 Abs. 7 EStG wurde zum 31. Dezember 2003 aufgehoben. Zum 1. Januar 2004 räumte der Gesetzgeber in § 24b EStG Alleinerziehenden einen steuerlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 1.308 Euro ein.

Die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 2 BvR 2240/04 betrifft die Frage, ob dem Beschwerdeführer für den Veranlagungszeitraum 2003 ein Freibetrag in Höhe von 2.871 € (entspricht 5.616 DM) einzuräumen war, weil der Gesetzgeber die Vorgaben des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 nicht beachtet habe.

Der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 310/07 wurde im Jahr 2004 mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Er beantragte die Eintragung eines Freibetrages entsprechend § 24b EstG in Höhe von 1.308 € wegen seiner zwei im ehelichen Haushalt lebenden Kinder auf seiner Lohnsteuerkarte. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab, weil der Beschwerdeführer verheiratet sei. Rechtsbehelfe und Rechtsmittel dagegen blieben ohne Erfolg.

Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat beide Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 2 BvR 2240/04 war unzulässig, denn sie genügte nicht dem Begründungserfordernis. Die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 2 BvR 310/07, mit der der Beschwerdeführer rügt, dass der Entlastungsbetrag, der Verheiratete von der Begünstigung ausschließe und nur für Alleinerziehende gelte, verfassungswidrig sei, wurde mangels Grundrechtsverletzung nicht zur Entscheidung angenommen.

Die Vorschrift des § 24 b EStG verstößt insbesondere nicht gegen Art. 6 Abs. 1 GG. Zwar verbietet Art. 6 Abs. 1 GG, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen und untersagt eine Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Ledigen und von ehelichen gegenüber anderen Erziehungsgemeinschaften. Eine Benachteiligung liegt vor, wenn der Ehepartner oder Eltern wegen ihrer Ehe oder Familie und deren Gestaltung von Steuerentlastungen ausgeschlossen werden. Durch die Gewährung des Entlastungsbetrages werden Verheiratete nicht wegen ihrer Ehe von der Steuerentlastung ausgeschlossen, ausgeschlossen sind vielmehr grundsätzlich alle Erziehungsgemeinschaften mit zwei Erwachsenen in einem gemeinsamen Haushalt. Die steuerliche Entlastung wird "echten" Alleinerziehenden vorbehalten, die den Haushalt ohne Unterstützung eines anderen Erwachsenen zu betreuen haben. Im Hinblick darauf, dass die Bestimmung nichteheliche Lebensgemeinschaften ausschließt, unterscheidet sich § 24b EStG grundlegend von § 32 Abs. 7 EStG, so dass die Ausführungen in dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 auf § 24b EStG nicht entsprechend anzuwenden sind.

Eine den Beschwerdeführer betreffende Verletzung des Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG liegt ebenfalls nicht vor, weil das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und das Gebot der Folgerichtigkeit nicht verletzt sind. Dabei kann offen bleiben, ob § 24b EStG einer tatsächlichen Mehrbelastung Rechnung trägt oder allein der sozialen Förderung dient. Im ersten Fall liegt keine Abweichung von der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vor, im zweiten Fall rechtfertigt der Förderzweck die dann bestehende Abweichung von der Belastungsgleichheit.