Bundesverfassungsgericht

Sie sind hier:

Verfassungsbeschwerde gegen § 3a des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg erfolglos

Pressemitteilung Nr. 47/2010 vom 9. Juli 2010

Beschluss vom 11. Juni 2010
1 BvR 915/10

Der am 1. März 2010 in Kraft getretene § 3a des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg (LadÖG) untersagt - von einzelnen Ausnahmen abgesehen - den Verkauf von alkoholischen Getränken in Ladengeschäften aller Art sowie unter anderem auch in Tankstellen, Bahnhöfen, Kiosken und Basaren in der Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seines Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), in die dadurch, dass er in der Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr am käuflichen Erwerb alkoholhaltiger Getränke gehindert sei, ungerechtfertigt eingegriffen werde.

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Sie hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine Verletzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG durch die angegriffene Regelung ist nicht ersichtlich.

Die beschränkende Verkaufsregelung greift zwar in die allgemeine Handlungsfreiheit des Beschwerdeführers ein. Eine Verletzung dieses Grundrechts liegt jedoch nicht vor, da die Vorschrift in formeller und materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist und insbesondere nicht gegen das Übermaßverbot verstößt. Mit dem Verkaufsverbot verfolgt der Landesgesetzgeber das Ziel, einer vor allem während der Nachtzeit zu verzeichnenden Zunahme alkoholbedingter Straftaten und Ordnungsstörungen sowie Gesundheitsgefahren zu begegnen. Hierbei handelt es sich um wichtige Gemeinwohlbelange, die geeignet sind, einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit zu rechtfertigen. Die Einschränkung der Alkoholverkaufszeiten führt zu einer Eindämmung übermäßigen Alkoholkonsums, der gerade durch die jederzeitige Verfügbarkeit gefördert wird. Lediglich temporäre Verkaufs- oder Konsumverbote durch Einzelverfügung der Ortspolizeibehörden wären kein milderes Mittel, das die Erforderlichkeit der angegriffenen Regelung entfallen ließe. Derartige polizeirechtliche Maßnahmen wären bereits aufgrund ihrer örtlichen Begrenztheit nicht gleichermaßen wirksam. Durch die angegriffene Regelung ist der Beschwerdeführer auch nicht unzumutbar beeinträchtigt. Der Einschränkung seiner Handlungsfreiheit stehen die Schutzgüter der Gesundheit sowie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gegenüber, denen ein hoher Stellenwert zukommt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Beschwerdeführer auch während der Verkaufsverbotszeiten ein Konsum vorab erworbener alkoholischer Getränke ebenso wenig verwehrt ist wie der Genuss dieser Getränke in Gaststätten und sonstigen privilegierten Verkaufsstellen, ist die angegriffene Regelung verhältnismäßig.