Bundesverfassungsgericht

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Mündliche Verhandlung in Sachen „Dublin II Verordnung“

Pressemitteilung Nr. 79/2010 vom 17. September 2010

2 BvR 2015/09

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am

28. Oktober 2010, 10:00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe

über eine Verfassungsbeschwerde, die den einstweiligen Rechtsschutz gegen die Anordnung der Abschiebung nach Griechenland auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003, der sog. Dublin II Verordnung, betrifft.

Angesichts erheblich steigender Asylbewerberzahlen in den 1980er und 1990er Jahren wurde das Asylrecht umgestaltet und ein neuer Art. 16a GG geschaffen. Nach Absatz 2 des Art. 16a GG kann derjenige kein Asyl beanspruchen, der aus einem sicheren Drittstaat ins Bundesgebiet einreist; Überstellungen in einen solchen Staat können unabhängig von Rechtsbehelfen vollzogen werden. EU-Mitgliedstaaten sind kraft Verfassungsrechts sichere Drittstaaten. Das Bundesverfassungsgericht hat die neue Asylvorschrift im Urteil vom 14. Mai 1996 (BVerfGE 94, 49) als verfassungemäß eingestuft, aber auch ausgeführt, dass in Ausnahmefällen der Rechtsschutzausschluss zurückstehen müsse.

Auf Unionsebene wurden ebenfalls asylrechtliche Regelungen geschaffen. Zu ihnen gehören Vorschriften zur Bestimmung desjenigen Mitgliedstaats, der für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist. Hierfür maßgeblich ist nunmehr die Dublin II Verordnung.

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger und begehrt Asyl. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellte fest, dass der Beschwerdeführer bereits in Griechenland um Asyl nachgesucht hatte. Es entschied, dass der Asylantrag unzulässig sei, und ordnete die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Griechenland an. Griechenland sei nach der Dublin II Verordnung zur Rückübernahme des Beschwerdeführers verpflichtet. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen lehnte einen gegen die Abschiebung gerichteten Eilantrag ab. Das Asylverfahrensrecht schließe es aus, Abschiebungen in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union, der nach der Dublin II Verordnung für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren auszusetzen. Die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 14. Mai 1996 entwickelten Ausnahmen von diesem Verbot lägen nicht vor. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Verfassungsbeschwerde.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass er nicht nach Griechenland überstellt werden dürfe. Die Praxis der griechischen Behörden im Umgang mit den Schutzbegehren Asylsuchender sei unzulänglich. Der Zugang zum Asylverfahren stoße für viele auf praktisch nicht überwindbare Schwierigkeiten. Die Bearbeitung der Asylanträge sei unzureichend. Auch sei die Versorgung der Asylbewerber defizitär. All dies erfordere die Gewährung von Eilrechtsschutz gegenüber der Abschiebung. Der Ausschluss von Eilrechtschutz gelte im Anwendungsbereich der Dublin II Verordnung nicht. Er verstoße zudem gegen europa- und menschenrechtliche Vorgaben. Dies habe das Oberverwaltungsgericht verkannt und deswegen u. a. gegen das Rechtsschutzgebot nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verstoßen.

Die Verhandlungsgliederung finden Sie im Anhang an diese Pressemitteilung.

Hinweis

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wollen, wenden sich bitte schriftlich oder telefonisch an

Herrn Oberamtsrat Stadtler
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Telefon: 0721/9101-400
Fax: 0721 9101-461

Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und eine Telefon- oder Faxnummer anzugeben.

Verhandlungsgliederung

A.      Einführende Stellungnahmen (je 10 Minuten) 
B.      Zulässigkeit 
C.      Anwendbarkeit des Art. 16a Abs. 2 GG im europäischen System der
verteilten Asylzuständigkeit
D.      Art. 16a Abs. 2 GG und das Konzept der normativen Vergewisserung
über die Sicherheit im Drittstaat
  • Verfassungsrechtliche Grundlagen des Konzepts der normativen Vergewisserung
  • Ausnahmen vom Konzept der normativen Vergewisserung
  • Anwendbarkeit des Konzepts der normativen Vergewisserung bei EU-Mitgliedstaaten
  • Darlegungsanforderungen für die Annahme eines Ausnahmefalls
E.      Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 
(Dublin II Verordnung)
  • Mögliche Rechtspositionen aus der Verordnung
  • Bedeutung für den einstweiligen Rechtsschutz
F.      Folgeerwägungen und abschließende Stellungnahmen 

Akkreditierungshinweise für die mündliche Verhandlung des Zweiten Senats am 28. Oktober 2010

Akkreditierung

Alle Medienvertreter haben sich schriftlich bis spätestens 21. Oktober 2010, 12.00 Uhr, unter Bekanntgabe der E-mail-Adresse zu akkreditieren (Fax Nr. 0721 9101-461). Die Anträge werden in der Reihenfolge des Eingangs berücksichtigt. Akkreditierungen, die nach Ablauf der Frist bzw. per E-mail eingehen, werden nicht berücksichtigt. Nach Ablauf der Akkreditierungsfrist wird eine Bestätigung per E-mail versandt.

Allgemeines

Für Medienvertreter stehen auf der Presseempore insgesamt 43 Sitzplätze zur Verfügung. Davon sind 11 Plätze für die Mitglieder der Justizpressekonferenz reserviert. Soweit Medienvertreter auf der Presseem-pore keinen Platz haben, müssen sie sich nach der Feststellung der Anwesenheit der Beteiligten in den dafür vorgesehenen Presseraum im 1. OG begeben. Der weitere Aufenthalt vor dem Sitzungssaal ist nicht gestattet.

Im Presseraum stehen weitere 50 Sitzplätze zur Verfügung - davon sind 30 Plätze mit einem 230 V-Anschluss für Laptops ausgestattet. Außerdem steht ein Analog-Modem (mit TAE-Stecker) zur Verfügung. Es findet eine Tonübertragung aus dem Sitzungssaal statt.

Das Telefonieren im Sitzungssaal ist nicht gestattet. Mobiltelefone sind auszuschalten. Laptops dürfen im Sitzungssaal ebenfalls nicht benutzt werden. Medienvertretern, Verfahrensbeteiligten sowie deren Bevollmächtigten kann die Nutzung von Laptops im Offline-Betrieb gestattet werden, soweit sichergestellt ist, dass mit den Geräten weder Ton- und Bildaufnahmen sowie Datenübermittlungen durchgeführt werden.

Foto- und Fernsehaufnahmen

1. Foto-, Film-, und Tonaufnahmen sind zulässig bis zum Abschluss der Feststellung der Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten durch den Vorsitzenden des Senats. Danach haben Fotografen und Kamera-teams die Ebene des Sitzungssaals (auch äußeren Flurraum und Pressetribüne) zu verlassen. Zum Aufenthalt steht der Presseempfangsraum (1. OG) zur Verfügung.

Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher Sender mit jeweils maximal drei Kameras) sowie sechs Fotografen (vier Agenturfotografen und zwei freie Fotografen) zugelassen (Pool-Bildung).

Die Platzvergabe für die Poolführerschaft erfolgt nach der Reihenfolge des Fax-Eingangs. Die Bestimmung der "Pool-Mitglieder" bleibt den Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografen selbst überlassen.

Die "Pool-Mitglieder" verpflichten sich auf entsprechende Aufforderung hin, gefertigte Film und Fotoaufnahmen anderen Rundfunk- und TV-Anstalten sowie Fotoagenturen zur Verfügung zu stellen.

2. Bei Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal darf durch Fotografen, Kameraleute und sonstige Me-dienvertreter das freie Blickfeld des Senats nach allen Seiten nicht verstellt werden. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Sitzungsamtsmeister sind Folge zu leisten. Foto- und Filmaufnahmen sind ausschließlich mit geräuschlosen Apparaten ohne Blitzlicht gestattet.

3. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sowie in der Mittagspause sind Interviews sowie Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen im Sitzungssaal lediglich für den Zeitraum von 20 Minuten zugelassen. Für weitere Aufnahmen stehen der Presseempfangsraum (1. OG) oder das Foyer (EG) zur Verfügung.

Fahrzeuge der Radio- und Fernsehteams sowie Techniker

Für SNG-, Schnitt- und Übertragungsfahrzeuge steht nur eine begrenzte Anzahl von Standplätzen zur Verfügung.

Falls Standplätze benötigt werden, ist deren Anzahl bereits bei der Akkreditierung mit anzugeben. Die Standplätze werden nach Eingang des Antrags vergeben.

Für die Zuweisung der Standplätze werden folgende Angaben benötigt:

Kennzeichen, Fahrzeug-Typ, Fabrikat, Abmessungen (LxBxH in m), Gewicht und evtl. Bedarf an Strom, der über das Bundesverfassungsgericht bezogen werden soll. Ebenso sind Namen, Geburtsdatum und Personalausweisnummer der entsprechenden Techniker mitzuteilen.

Namen und Fahrzeugdaten der Teams sind bis spätestens 12.00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung per Fax zu übersenden (Fax Nr. 0721/9101-461). Nach Fristablauf oder per E-mail einge-gangene Daten werden nicht berücksichtigt.

==> Die entsprechenden Formulare zur Akkreditierung der Radio- und Fernsehteams sowie der Fahrzeuge finden sie als pdf-Datei auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts unter www.bundesverfassungsgericht.de.

Anfahrt und Aufbau sind am Vortag der mündlichen Verhandlung von 9:00 bis 18:00 Uhr sowie am Tag der mündlichen Verhandlung zwischen 7:00 und 9:00 Uhr möglich.

Aufbau von Studios

Der Aufbau von Studios ist in Absprache mit der Pressestelle ausschließlich im Presseempfangsraum (1. OG) sowie im Foyer (EG) möglich.

Diese Hinweise finden ihre Grundlage in § 17a BVerfGG in Verbindung mit den ergänzenden Regelungen des Ersten und Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts.