Bundesverfassungsgericht

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Besetzungsrüge betreffend die Wahl der Bundesverfassungsrichter durch den Wahlausschuss des Deutschen Bundestages erfolglos

Pressemitteilung Nr. 48/2012 vom 4. Juli 2012

Beschluss vom 19. Juni 2012
2 BvC 2/10

Gegenstand des Verfahrens ist eine Wahlprüfungsbeschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer ursprünglich gegen die bei der Europawahl 2009 geltende Fünf-Prozent-Sperrklausel und die Gültigkeit dieser Wahl wandte. Nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 9. November 2011 (2 BvC 4/10 u. a.; vgl. Pressemitteilung Nr. 70/2011 vom 9. November 2011) die Verfassungswidrigkeit der Sperrklausel festgestellt hat, erstrebt der Beschwerdeführer im Wesentlichen nunmehr noch die Wiederholung der Wahl in der Bundesrepublik Deutschland, hilfsweise die Neuverteilung der Sitze des auf die Bundesrepublik entfallenden Abgeordnetenkontingents.

Er rügt die personelle Besetzung des Senats, weil die vom Deutschen Bundestag zu wählenden Bundesverfassungsrichter durch den hierfür vom Bundestag eingerichteten Wahlausschuss gewählt worden seien. Die indirekte Wahl verstoße gegen Art. 94 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach die Hälfte der Richter vom Bundestag zu wählen sei. Die personelle Besetzung des Bundesverfassungsgerichts als Verfassungsorgan erfordere eine gesteigerte demokratische Legitimation und müsse dem Plenum des Bundestages vorbehalten sein.

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat seine ordnungsgemäße Besetzung festgestellt und die Wahlprüfungsbeschwerde, soweit sie nicht im Hinblick auf die Entscheidung vom 9. November 2011 für erledigt erklärt worden ist, zurückgewiesen.

1. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Deutsche Bundestag die von ihm zu berufenden Richter des Bundesverfassungsgerichts gemäß § 6 BVerfGG in indirekter Wahl durch einen aus zwölf Abgeordneten bestehenden Wahlausschuss wählt, dessen Mitglieder der Verschwiegenheit unterliegen und der mit Zwei-Drittel-Mehrheit entscheidet. Die Vorschrift des Art. 94 Abs. 1 Satz 2 GG, wonach die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt werden, gibt den Wahlmodus nicht vor, sondern ist auf Ausgestaltung durch den Gesetzgeber hin angelegt. Der Wahlregelung des § 6 BVerfGG liegt die Auslegung zugrunde, dass Art. 94 Abs. 1 Satz 2 GG für eine gesetzliche Gestaltung des Wahlverfahrens auch insofern offen ist, als die Wahlentscheidung nicht notwendigerweise im Plenum zu treffen ist. Diese Auslegung ist durch den verfassungsändernden Gesetzgeber bestätigt und vom Bundesverfassungsgericht bereits früh als verfassungsgemäß erachtet worden.

Die Übertragung der Richterwahl auf den Ausschuss gemäß § 6 BVerfGG verstößt auch nicht gegen die Repräsentationsfunktion des Deutschen Bundestages, die dieser grundsätzlich in seiner Gesamtheit wahrnimmt. Die Regelung findet ihre Rechtfertigung in dem erkennbaren gesetzgeberischen Ziel, das Ansehen des Gerichts und das Vertrauen in seine Unabhängigkeit zu festigen und damit seine Funktionsfähigkeit zu sichern.

2. Soweit der Beschwerdeführer an seiner Wahlprüfungsbeschwerde festhält, ist sie unbegründet. Es besteht kein Anlass, abweichend vom Urteil vom 9. November 2011 die Wiederholung der Wahl oder die Neuverteilung der Sitze anzuordnen.