Bundesverfassungsgericht

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Mündliche Verhandlung in Sachen „ZDF-Staatsvertrag“

Pressemitteilung Nr. 62/2013 vom 14. Oktober 2013

1 BvF 1/11
1 BvF 4/11

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am

Dienstag, 5. November 2013, 10.00 Uhr
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Amtssitz "Waldstadt", Rintheimer Querallee 11, 76131 Karlsruhe

über zwei identische Anträge der Regierung des Landes Rheinland-Pfalz und des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg, die Zusammensetzung und Verfahren der Gremien des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) betreffen.

1. Das ZDF beruht auf einem - durch Zustimmungsakte der Länder in Kraft gesetzten - Staatsvertrag. Neben dem Intendanten, der die Geschäfte der Anstalt leitet und die eigentliche Programmverantwortung trägt, richtet der Vertrag zwei interne Aufsichtsgremien ein: den 77-köpfigen Fernsehrat und den 14-köpfigen Verwaltungsrat.

a) Zu den Aufgaben des Fernsehrats zählen unter anderem der Erlass von allgemein-abstrakt formulierten Programmrichtlinien, die Überwachung und Beratung des Intendanten in Programmfragen sowie die abschließende Zustimmung zum Haushaltsplan. Außerdem wählt der Fernsehrat den Intendanten, wofür ein Quorum von 3/5 seiner Mitglieder erforderlich ist. Er setzt sich im Einzelnen zusammen aus

  • je einem Vertreter der 16 Länder,
  • drei Vertretern des Bundes,
  • zwölf Vertretern der Parteien entsprechend ihrem Stärkeverhältnis im Bundestag,
  • fünf Vertretern von Glaubensgemeinschaften,
  • 25 Vertretern von im Einzelnen gesetzlich bestimmten Verbänden (umfasst sind insbesondere Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, Zeitungsverleger und Journalisten, Wohlfahrtsverbände, Sport-, Umwelt- und Vertriebenenverbände; erfasst sind auch Vertreter der Kommunen und der Industrie- und Handelskammer), die von der Ministerpräsidentenkonferenz der Länder möglichst einmütig aus einem Dreiervorschlag der jeweiligen Verbände berufen werden, und
  • 16 Mitgliedern aus verschiedenen, nur zusammengefasst und allgemein umschriebenen Berufsbereichen des Gemeinwesens, die ebenfalls möglichst einmütig von der Ministerpräsidentenkonferenz berufen werden.

b) Der Verwaltungsrat überwacht die Tätigkeit des Intendanten im Hinblick auf die Geschäftsführung. Er beschließt über den Dienstvertrag mit dem Intendanten sowie über den vom Intendanten aufgestellten Haushaltsplan. Verschiedene vermögensrelevante Geschäfte des Intendanten stehen unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch den Verwaltungsrat. Ebenso bedarf die Bestellung der Direktoren, die der Intendant in die Leitung beruft, seines Einvernehmens, wofür ein Quorum von 3/5 seiner Mitglieder erforderlich ist.

Der Verwaltungsrat setzt sich aus fünf Vertretern der Länder, einem Vertreter des Bundes und acht vom Fernsehrat - mit einem Quorum von 3/5 - gewählten Mitgliedern zusammen.

2. Die Antragsteller machen im Wesentlichen geltend, dass sich in den beiden Aufsichtsgremien ein zu großer Anteil von Staatsvertretern und staatsnahen Personen befinde und dies gegen das in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Gebot der Staatsferne des Rundfunks verstoße.

Im Fernsehrat seien bei Einrechnung der Parteivertreter und der Vertreter der kommunalen und funktionalen Selbstverwaltung bereits 35 von 77 Personen (das heißt 45 %) unmittelbar dem Staat zuzurechnen; insbesondere für die Intendantenwahl bildeten damit allein diese Personen eine Sperrminorität. Hinzu komme, dass auch die weiteren Mitglieder im Ergebnis weitgehend unter Einflussnahme des Staates ernannt würden: 16 Vertreter, die eigentlich gesellschaftliche Bereiche repräsentieren sollten, würden letztlich ohne sachhaltige Maßgaben frei von den Ministerpräsidenten bestimmt. Auch die 25 Verbandsvertreter unterlägen letztlich einer Auswahlentscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz, die an die Reihenfolge der Dreiervorschläge nicht gebunden sei. Auch gebe es keine hinreichenden Inkompatibilitätsregelungen, so dass als Vertreter der gesellschaftlichen Bereiche weithin auch Berufspolitiker bestellt werden könnten und würden.

Auch im Verwaltungsrat seien bereits sechs von 14 Mitgliedern (das heißt ca. 43 %) unmittelbar dem Staat zuzurechnen; insbesondere bezüglich des Einvernehmens der Berufung der Direktoren bildeten damit auch hier diese allein eine Sperrminorität. Darüber hinaus befänden sich unter den vom Fernsehrat zu bestellenden acht weiteren Mitgliedern des Verwaltungsrats mehrere Träger von Staats- oder Parteifunktionen, was nicht durch hinreichende Inkompatibilitätsregelungen ausgeschlossen sei.

3. Dementgegen machen insbesondere das ZDF und die Regierungen des Freistaats Bayern, des Landes Hessen, des Saarlandes und des Freistaats Sachsen geltend, dass man die Vertreter des Staates nicht schematisch zusammenrechnen dürfe. Die föderale sowie parteipolitische Pluralität der Besetzung führe dazu, dass der Einfluss der Staatsvertreter vielen Brechungen unterliege. Im Ergebnis sei eine einseitige Beeinflussung durch diese Brechungen ausgeschlossen, zumal der Anteil der staatlichen Vertreter jedenfalls unter 50 % liege. Bei Entscheidungen, die der qualifizierten Mehrheit unterlägen, hätten die staatlichen Vertreter erst recht keine Gestaltungsmehrheit, sondern seien auf Kompromisse verwiesen. Hinsichtlich der Dreiervorschläge für die Berufung von Vertretern der Verbände und der Berufsbereiche in den Fernsehrat sei der Staatseinfluss schon formal gering. In der Praxis sei er nicht existent, da bisher stets die Reihenfolge der Vorschläge beachtet worden sei. Hinsichtlich der 16 frei ausgewählten Vertreter der Berufsbereiche sei zudem zu berücksichtigen, dass diese weisungsfrei und nicht abzuberufen seien.

Die Verhandlungsgliederung finden Sie im Anhang zu dieser Pressemitteilung.

Hinweis

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wollen, wenden sich bitte schriftlich oder telefonisch an

Herrn Oberamtsrat Stadtler
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Telefon: 0721 9101-400
Fax: 0721 9101-461

Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und eine Telefon- oder Faxnummer anzugeben.

Gliederung für die mündliche Verhandlung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts am 5. November 2013

0. Formalien, Einführung durch den Vorsitzenden, Sachbericht des Berichterstatters
A. Einleitende Stellungnahmen 
B. Prozessualia
- Antragsgegenstände
C. Tatsachen
- Gremien und Befugnisse, Existenz und Kompetenz beschließender
Ausschüsse
- Ablauf der Gremiensitzungen, deren Öffentlichkeit und Transparenz
- Abstimmungen, z. B. Gruppenverhalten, Blockbildung
- Praxis des Mitgliederwechsels, vor allem Abberufungen
- Auswahl der Mitglieder, vor allem der Mitglieder nach § 21 Abs. 1r
Staatsvertrag, Mitwirkung der Verbände und Parteien bei der
Auswahl, Rolle der Ministerpräsidenten und Exekutivvertreter
- Funktionen der gesellschaftlich relevanten Gruppen und staatsnahen
Vertreter inklusive deren Zusammenarbeit
D. Rechtsfragen: Vorgaben des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG 
   - Schutzziele, insbesondere Vielfalt und Staatsferne, und organisatorische Konsequenzen
- Verfahrensmäßige Sicherungen der Staatsferne trotz Staatsbeteiligung, insbesondere
der Quoten und Quoren in den Gremien, sowie Auswahl der Mitglieder
- Verfahrensmäßige Sicherungen der Vielfalt, insbesondere bei der Auswahl der
gesellschaftlich relevanten Gruppen und deren Mitglieder, durch
Inkompatibilitätsregelungen sowie im Rahmen der Gremienarbeit
E. Rechtsfragen: Anwendung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auf den Staatsvertrag 
    1. Fernsehrat
- Zusammensetzung
- Entsendung und Auswahl der Mitglieder, Abberufungen
- Inkompatibilität
- Ausschüsse
- Transparenzgebote
2. Verwaltungsrat
- Gliederung wie beim Fernsehrat
F. Praxistaugliche Möglichkeiten zur Änderung der Regelungen  
G. Abschließende Stellungnahmen 

Akkreditierungshinweise für die mündliche Verhandlung am 5. November 2013

Akkreditierung

Alle Medienvertreter haben sich schriftlich bis spätestens 31. Oktober 2013, 12.00 Uhr, unter Bekanntgabe der E-Mail-Adresse zu akkreditieren (Fax Nr. 0721 9101-461). Die Anträge werden in der Reihenfolge des Eingangs berücksichtigt. Akkreditierungen, die nach Ablauf der Frist bzw. per E-Mail eingehen, werden nicht berücksichtigt. Nach Ablauf der Akkreditierungsfrist wird eine Bestätigung per E-Mail versandt.

Allgemeines

Für Medienvertreter stehen auf der Presseempore insgesamt 42 Sitzplätze zur Verfügung. Davon sind 11 Plätze für die Mitglieder der Justizpressekonferenz reserviert. Soweit Medienvertreter auf der Presseempore keinen Platz haben, müssen sie sich nach der Feststellung der Anwesenheit der Beteiligten in den dafür vorgesehenen Presseraum begeben. Der weitere Aufenthalt vor dem Sitzungssaal ist nicht gestattet.

Im Presseraum findet eine Tonübertragung aus dem Sitzungssaal statt. Hier stehen 26 Sitzplätze zur Verfügung. 230 V-Anschlüsse für Laptops sowie ein analoger Telefonanschluss sind vorhanden.

Das Telefonieren, Twittern und sonstige Versenden von Kurznachrichten, das digitale Abrufen von Daten sowie jegliche Nutzung des Internets im bzw. aus dem Sitzungssaal sind nicht gestattet. Alle für diese Zwecke nutzbaren elektronischen Geräte, insbesondere Mobiltelefone, Laptops und iPads, dürfen im Sitzungssaal nicht verwendet werden. Medienvertretern kann die Nutzung von Laptops im Offline-Betrieb gestattet werden, soweit sichergestellt ist, dass mit den Geräten weder Ton- und Bildaufnahmen noch Datenübermittlungen durchgeführt werden.

Foto- und Fernsehaufnahmen

1. Foto-, Film-, und Tonaufnahmen sind zulässig bis zum Abschluss der Feststellung der Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten durch den Vorsitzenden des Senats. Danach haben Fotografen und Kamerateams den Sitzungssaal einschließlich der Presseempore zu verlassen. Zum Aufenthalt stehen die Pressenischen vor dem Sitzungssaalbereich sowie ein Medienvertreterraum zur Verfügung.

Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher Sender mit jeweils maximal drei Kameras) sowie sechs Fotografen (vier Agenturfotografen und zwei freie Fotografen) zugelassen (Pool-Bildung).

Die Platzvergabe für die Poolführerschaft erfolgt nach der Reihenfolge des Fax-Eingangs. Die Bestimmung der "Pool-Mitglieder" bleibt den Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografen selbst überlassen.

Die "Pool-Mitglieder" verpflichten sich auf entsprechende Aufforderung hin, gefertigte Film und Fotoaufnahmen anderen Rundfunk- und TV-Anstalten sowie Fotoagenturen zur Verfügung zu stellen.

2. Bei Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal darf durch Fotografen, Kameraleute und sonstige Medienvertreter das freie Blickfeld des Senats nach allen Seiten nicht verstellt werden. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Sitzungsamtsmeister sind Folge zu leisten. Foto- und Filmaufnahmen sind ausschließlich mit geräuschlosen Apparaten ohne Blitzlicht gestattet.

3. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sowie in der Mittagspause sind Interviews sowie Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen im Sitzungssaal lediglich für den Zeitraum von 20 Minuten zugelassen. Für weitere Aufnahmen stehen die Pressenischen vor dem Sitzungssaalbereich zur Verfügung.

Fahrzeuge der Radio- und Fernsehteams sowie Techniker

Für SNG-, Schnitt- und Übertragungsfahrzeuge steht nur eine begrenzte Anzahl von Standplätzen zur Verfügung.

Falls Standplätze benötigt werden, ist deren Anzahl bereits bei der Akkreditierung mit anzugeben. Die Standplätze werden nach Eingang des Antrags vergeben.

Für die Zuweisung der Standplätze werden folgende Angaben benötigt:

Kennzeichen, Fahrzeug-Typ, Fabrikat, Abmessungen (LxBxH in m), Gewicht und evtl. Bedarf an Strom, der über das Bundesverfassungsgericht bezogen werden soll. Ebenso sind Namen, Geburtsdatum und Personalausweisnummer der entsprechenden Techniker mitzuteilen.

Namen und Fahrzeugdaten der Teams sind bis spätestens 12.00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung per Fax zu übersenden (Fax Nr. 0721/9101-461). Nach Fristablauf oder per E-Mail eingegangene Daten werden nicht berücksichtigt.

==> Die entsprechenden Formulare zur Akkreditierung der Radio- und Fernsehteams sowie der Fahrzeuge finden sie als pdf-Datei auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts unter www.bundesverfassungsgericht.de.

Anfahrt und Aufbau sind am Vortag der mündlichen Verhandlung von 9:00 bis 18:00 Uhr sowie am Tag der mündlichen Verhandlung zwischen 7:00 und 9:00 Uhr möglich.

Aufbau von Studios

Der Aufbau von Studios ist in Absprache mit der Pressestelle ausschließlich in den Pressenischen möglich.

Diese Hinweise finden ihre Grundlage in § 17a BVerfGG in Verbindung mit den ergänzenden Regelungen des Ersten und Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts.