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Mündliche Verhandlung in Sachen „Betreuungsgeld“ am Dienstag, 14. April 2015, 10:00 Uhr

Pressemitteilung Nr. 15/2015 vom 13. März 2015

Az. 1 BvF 2/13

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am

Dienstag, 14. April 2015, 10.00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schlossbezirk 3, 76131 Karlsruhe

über einen Normenkontrollantrag des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg gegen das Gesetz zur Einführung eines Betreuungsgeldes (Betreuungsgeldgesetz) vom 15. Februar 2013. Dieses Bundesgesetz sieht im Wesentlichen vor, dass Eltern, die ihr Kind im Alter vom 15. bis 36. Lebensmonat nicht in eine öffentlich geförderte Betreuungseinrichtung geben, seit dem 1. August 2013 eine finanzielle Zuwendung in Höhe von 100 Euro monatlich und seit dem 1. August 2014 in Höhe von 150 Euro monatlich erhalten.

1. Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg hält das Betreuungsgeldgesetz für verfassungswidrig.

a) Zum einen fehle dem Bund die Gesetzgebungskompetenz, denn die Voraussetzungen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG i.V.m. Art. 72 Abs. 2 GG lägen nicht vor.

Die Zuordnung einer Materie zum Kompetenztitel der „öffentlichen Fürsorge“ (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) setze voraus, dass sie sich auf eine Situation der Hilfebedürftigkeit beziehe und noch dem Bild entspreche, das durch die klassische Fürsorge geprägt sei. Dies treffe auf das Betreuungsgeld schon deshalb nicht zu, da dieses alleine von der Nichtinanspruchnahme öffentlicher Förderangebote abhängig sei und sich damit nicht auf eine Situation der Hilfs- und Unterstützungsbedürftigkeit beziehe.

Das Betreuungsgeld sei zudem nicht zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse erforderlich (Art. 72 Abs. 2 GG). Es sei nicht erkennbar, dass das Gesetz darauf gerichtet, geeignet und erforderlich sei, einer tatsächlichen Situation entgegenzuwirken, in der sich die Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik in einer das bundesstaatliche Sozialgefüge beeinträchtigenden Weise auseinander entwickelt hätten oder sich eine derartige Entwicklung abzeichne. Weder trage das Betreuungsgeld zur Verringerung der vom Bundesgesetzgeber angeführten Diskrepanz bei der Verfügbarkeit öffentlicher und privater Betreuungsangebote für unter dreijährige Kinder bei noch sei erkennbar, dass die in einigen Bundesländern bereits vor Einführung des Betreuungsgeldes bestehenden Erziehungsgeldgesetze Auswirkungen auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gehabt hätten. Die vom Bundesgesetzgeber lediglich gewünschte flächendeckende Gewährung des Betreuungsgeldes genüge dem Erfordernis der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse nicht, da Art. 72 Abs. 2 GG gerade der Akzeptanz unterschiedlicher,
regional verankerter Wertvorstellungen Rechnung trage.

b) Das Betreuungsgeldgesetz sei auch materiell verfassungswidrig. Die wesentliche Bestimmung über die Bezugsberechtigung (§ 4a Abs. 1 Nr. 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 GG sowie gegen Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG. Mit der Gratifikation für ein Aufwachsen außerhalb öffentlich geförderter Kinderbetreuungseinrichtungen führe das Betreuungsgeld eine Ungleichbehandlung anhand eines Kriteriums ein, das mit dem allgemeinen Gleichheitssatz im Lichte des Schutzes der Familie und des Elternrechts unvereinbar sei. Auch der Aspekt der Anerkennung erzieherischer Leistung könne das Betreuungsgeld nicht rechtfertigen, da die Entscheidungsfreiheit der Familien in Bezug auf die Kinderbetreuung nicht unter Berücksichtigung des Neutralitätsgebots gefördert werde. Das Betreuungsgeld löse zudem bei Männern und Frauen gravierend unterschiedliche Effekte aus (Art. 3 Abs. 2 GG).

2. Die Bundesregierung hält das Betreuungsgeldgesetz für verfassungskonform. Die Voraussetzungen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG seien erfüllt. Der Bundesgesetzgeber habe - ebenso wie bereits zuvor etwa beim Kinderförderungsgesetz des Jahres 2008 - bei Familien mit kleinen Kindern einen Fürsorgebedarf in Bezug auf die Notwendigkeit, für die Betreuung, Erziehung und Förderung der Kinder zu sorgen, annehmen dürfen. Auch die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG seien erfüllt. Das Betreuungsgeld sei Teil eines schon dem Kinderförderungsgesetz zugrunde liegenden Gesamtkonzeptes zur Bewältigung der Probleme in der Lebenssituation von Familien mit kleinen Kindern hinsichtlich der Kinderbetreuung. Daher könne das Betreuungsgeld grundsätzlich auf die Erforderlichkeit des Kinderförderungsgesetzes insgesamt gestützt werden. Auch materiell sei das Betreuungsgeldgesetz verfassungsgemäß; letztlich gehe es um eine zusätzliche Sozialleistung, bezüglich derer der Gesetzgeber über einen weiten Spielraum verfüge.

3. Die Verhandlungsgliederung finden Sie hier.

Hinweise für interessierte Bürgerinnen und Bürger

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung bzw. Urteilsverkündung teilnehmen wollen, wenden sich bitte an 

Herrn Oberamtsrat Stadtler
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Telefon: +49 (721) 9101-400
Telefax: +49 (721) 9101-461
E-Mail: besucherdienst@bundesverfassungsgericht.de

Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und die Erreichbarkeit (per Telefon, Telefax oder E-Mail) anzugeben. 

Die Vergabe der Besucherplätze erfolgt nach der Reihenfolge des Eingangs.

Akkreditierungsbedingungen und Hinweise

Akkreditierung

Das Akkreditierungsverfahren beginnt mit Veröffentlichung der Pressemitteilung und endet am Donnerstag, 9. April 2015 um 12.00 Uhr. Nach Ablauf der festgesetzten Frist sind keine Akkreditierungen mehr möglich.

Für Akkreditierungsgesuche ist das bereitgestellte Formular zu benutzen. Das Formular muss vollständig ausgefüllt und unterschrieben sein. Zudem ist, soweit vorhanden, eine Kopie des gültigen Presseausweises beizufügen; dies ist bei den folgenden Akkreditierungen während der Laufzeit des Presseausweises nicht mehr erforderlich. Das Akkreditierungsgesuch kann per E-Mail an die Adresse presse@bundesverfassungsgericht.de oder per Telefax an die Rufnummer +49 (721) 9101-461 übermittelt werden. Akkreditierungsgesuche an sonstige E-Mail-Adressen oder Telefaxanschlüsse des Gerichts werden nicht berücksichtigt.

Die Mitglieder der Justizpressekonferenz Karlsruhe e.V. können ihr Akkreditierungsgesuch formlos an die Pressestelle des Bundesverfassungsgerichts übermitteln.

Akkreditierungsgesuche werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt; bei etwaiger Zeitgleichheit entscheidet das Los. Einige Tage nach Ablauf der Frist versendet das Bundesverfassungsgericht eine Benachrichtigung über die erfolgreiche bzw. nicht erfolgreiche Akkreditierung.

Verfügbare Sitzplätze und Sitzplatzvergabe

Für Medienvertreter stehen auf der Presseempore im Sitzungssaal insgesamt 60 Sitzplätze zur Verfügung. Davon sind 11 Plätze für die Mitglieder der Justizpressekonferenz reserviert. Jeder Sitzplatz wird an die Person vergeben, die ihn zuerst einnimmt. Soweit Medienvertreter auf der Presseempore keinen Platz finden, können sie die mündliche Verhandlung bzw. Urteilsverkündung im Presseraum oder - soweit dort Sitzplätze verfügbar sind - im Sitzungssaal verfolgen.

Im Presseraum findet eine Tonübertragung aus dem Sitzungssaal statt. Hier stehen 44 Arbeitsplätze an Tischen zur Verfügung; Steckdosen für Laptops sind in begrenzter Zahl vorhanden. Die Kapazität von mobilen Telefon- und Datennetzen kann vom Bundesverfassungsgericht nicht garantiert werden.

Ergänzende Regelungen für den Sitzungsaal

Das Telefonieren, Twittern und sonstige Versenden von Nachrichten, das Abrufen von Daten sowie jegliche Nutzung des Internets im bzw. aus dem Sitzungssaal sind nicht gestattet. Alle für diese Zwecke nutzbaren elektronischen Geräte, insbesondere Mobiltelefone, Laptop-Computer oder Tablet-Computer, dürfen im Sitzungssaal nicht verwendet werden. Medienvertretern kann die Nutzung von Computern im Offline-Betrieb auf der Presseempore gestattet werden, soweit sichergestellt ist, dass mit den Geräten weder Ton- und Bildaufnahmen sowie Datenübermittlungen durchgeführt werden.

Foto- und Fernsehaufnahmen; Pool-Bildung

Bei mündlichen Verhandlungen sind Foto-, Film-, und Tonaufnahmen zulässig bis zum Abschluss der Feststellung der Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten durch den Vorsitzenden des Senats. Danach haben Fotografen und Kamerateams die Ebene des Sitzungssaals (auch den äußeren Flurraum und die Presseempore) zu verlassen. Zum Aufenthalt steht der Empfangsraum im ersten Obergeschoss zur Verfügung. Urteilsverkündungen können vollständig in Bild und Ton übertragen werden.

Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden Medienpools gebildet. Zugelassen werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher Sender mit jeweils maximal drei Kameras) sowie sechs Fotografen (vier Agenturfotografen und zwei freie Fotografen). Die Poolführer verpflichten sich, gefertigte Foto- und Filmaufnahmen anderen Rundfunk- und Fernsehsendern sowie Fotoagenturen auf Anfrage zur Verfügung zu stellen.

Die Bereitschaft zur Übernahme einer Poolführerschaft ist mit dem Akkreditierungsgesuch ausdrücklich zu erklären. Die Vergabe der Poolführerschaft erfolgt nach der Reihenfolge des Eingangs; bei etwaiger Zeitgleichheit entscheidet das Los. Die Bestimmung der konkret mitwirkenden Personen bleibt den Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografen selbst überlassen.

Bei Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal darf durch Fotografen und sonstige Medienvertreter das freie Blickfeld des Senats nach allen Seiten nicht verstellt werden. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Amtsmeister ist Folge zu leisten. Foto- und Filmaufnahmen sind ausschließlich mit geräuscharmen Apparaten ohne Blitzlicht gestattet.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung bzw. Urteilsverkündung sind Interviews sowie Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen im Sitzungssaal lediglich für den Zeitraum von 20 Minuten zugelassen. Für weitere Aufnahmen stehen der Empfangsraum im ersten Obergeschoss oder das Foyer im Erdgeschoss zur Verfügung.

Fahrzeuge der Radio- und Fernsehteams sowie Techniker

Für SNG-, Schnitt- und Übertragungsfahrzeuge steht nur eine begrenzte Anzahl von Standplätzen zur Verfügung. Falls Standplätze benötigt werden, ist dies bereits mit dem Akkreditierungsgesuch im bereitgestellten Formular anzugeben. Die Standplätze werden nach Eingang des Antrags vergeben. Für die Zuweisung der Standplätze werden folgende Angaben benötigt: Kennzeichen, Fahrzeug-Typ, Fabrikat, Abmessungen (LxBxH in m), Gewicht und evtl. Bedarf an Strom, der über das Bundesverfassungsgericht bezogen werden soll.

Nachgereicht werden können die Namen, Geburtsdaten und Personalausweisnummern der begleitenden Techniker sowie die Fahrzeugdaten. Hierfür ist – auch für Medien, die durch Mitglieder der Justizpressekonferenz vertreten sind – ausschließlich das bereitgestellte Formular zu benutzen. Das Formular kann innerhalb der festgesetzten Frist per E-Mail an die Adresse presse@bundesverfassungsgericht.de oder per Telefax an die Rufnummer +49 (721) 9101-461 übermittelt werden, spätestens bis Montag, 13. April, um 12.00 Uhr.

Anfahrt und Aufbau sind am Vortag der mündlichen Verhandlung bzw. Urteilsverkündung von 9:00 bis 18:00 Uhr sowie am Tag der mündlichen Verhandlung bzw. Urteilsverkündung zwischen 7:00 und 9:00 Uhr möglich.

Aufbau von Studios

Der Aufbau von Studios ist vorab mit der Pressestelle abzustimmen. Hierfür stehen ausschließlich der Presseempfangsraum im ersten Obergeschoss sowie das Foyer im Erdgeschoss zur Verfügung.

Diese Hinweise finden ihre Grundlage in § 17a BVerfGG in Verbindung mit den ergänzenden Regelungen des Ersten und Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts.