Bundesverfassungsgericht

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Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung wegen Beleidigung eines Ehepaars aus Jamel erfolglos

Pressemitteilung Nr. 29/2017 vom 21. April 2017

Beschluss vom 13. März 2017
1 BvR 1438/15

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde gegen die Verurteilung wegen Beleidigung eines in Jamel (Mecklenburg-Vorpommern) lebenden Ehepaars nicht zur Entscheidung angenommen. Das von den Fachgerichten angenommene Überwiegen der Belange der persönlichen Ehre ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden und verletzt nicht die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer veröffentlichte im Internet einen Beitrag unter der Überschrift „Jamel ehrt die ,Helden des Nordens‘“. Dem Beitrag war ein Foto eines am Ortsrand von Jamel (Mecklenburg-Vorpommern) aufgestellten Schildes beigefügt. Die Seite des Schildes, die man beim Verlassen des Ortes sieht, zeigt ein in Jamel lebendes Ehepaar als Karikatur, das um einen Topf mit Gold tanzt und die Aufschrift trägt: „Die Faulen und die Dreisten bekommen am meisten“. Auf der anderen Seite sind die karikierten Köpfe der Eheleute abgebildet. Die Köpfe werden von dem Text „Die Dorfgemeinschaft grüßt: Die ,Helden‘ des Nordens“ umrahmt. Das Amtsgericht verurteilte den Beschwerdeführer wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe. Die hiergegen gerichtete Revision zum Oberlandesgericht blieb erfolglos. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG).

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Die angegriffenen Entscheidungen bewegen sich im fachgerichtlichen Wertungsrahmen und verletzen nicht die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers. Der Beitrag selbst wurde zutreffend als zulässige Meinungsäußerung eingeordnet. Demgegenüber sind die Gerichte im Hinblick auf die Abbildung des am Ortseingang aufgestellten Schildes nach Vornahme der gebotenen Abwägung zu dem verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ergebnis gekommen, dass die Belange der persönlichen Ehre der Abgebildeten überwiegen. Der Text auf der Rückseite des Schildes und die Bezeichnung als „dumm“ und „dreist“ enthält keinerlei spezifische politische Aussage und beschränkt sich ausschließlich darauf, die Abgebildeten menschlich schlecht zu machen. Durch das an prominenter Stelle am Ortseingang aufgestellte Schild und die verzerrte Darstellung werden die Abgebildeten an den Pranger gestellt und aus der Dorfgemeinschaft ausgegrenzt. Vor diesem situativen Hintergrund und in Verbindung mit der entpolitisierten Aussage ist die Annahme eines Überwiegens der Belange der persönlichen Ehre gut vertretbar und verletzt die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers nicht.