Bundesverfassungsgericht

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70. Geburtstag von Altbundespräsident Herzog

Pressemitteilung Nr. 38/2004 vom 2. April 2004

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts und spätere Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Roman Herzog, vollendet am 5. April 2004 sein 70. Lebensjahr.

Prof. Dr. Herzog wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft in München und nach Ablegung der Ersten Juristischen Staatsprüfung mit einer Arbeit zur "Grundrechtsbeschränkung nach dem Grundgesetz und Europäische Menschenrechtskonvention" im Jahr 1958 promoviert. Von 1958 bis 1964 war er wissenschaftlicher Assistent an der Juristischen Fakultät der Universität München, 1961 legte er die Zweite Juristische Staatsprüfung ab. Nach seiner Habilitation im Jahr 1964 mit einer Arbeit über "Die Wesensmerkmale der Staatsorganisation in rechtlicher und entwicklungsgeschichtlicher Sicht" war er an der Universität München Privatdozent und wurde im Jahr 1966 als Professor für Staatsrecht und Politik an die Freie Universität Berlin berufen. Ab 1969 hatte er den Lehrstuhl für Staatslehre und Politik an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer inne, deren Rektor er 1971/72 war. 1973 wurde er Staatssekretär und Bevollmächtigter des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund, 1978 Minister für Kultus und Sport des Landes Baden- Württemberg. Am 20. Dezember 1983 wurde Prof. Dr. Herzog zum Richter und Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts ernannt. Seine Ernennung zum Präsidenten des Gerichts folgte am 16. November 1987. Bis zu seinem Ausscheiden aus diesem Amt am 30. Juni 1994 war er zugleich Vorsitzender des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts. Seit 1964 ist Prof. Dr. Herzog Mitherausgeber des Grundgesetz-Kommentars "Maunz-Dürig-Herzog". Seit 1966 gibt er das "Evangelischen Staatslexikon" mit heraus.

Unter seinem Vorsitz sind zahlreiche bedeutsame Entscheidungen gefällt worden. Hierzu gehören etwa die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Grundrecht der Versammlungsfreiheit anlässlich der Großdemonstration in Brokdorf (BVerfGE 69, 315), zum Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung (BVerfGE 79, 256), zum steuerfreien Existenzminimum (BVerfGE 82, 60), zur Kunstfreiheit und Arbeit pluraler Entscheidungsgremien (BVerfGE 83, 130), zur Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (BVerfGE 83, 238), zur gerichtlichen Prüfungskontrolle (BVerfGE 84, 34), zur Bodenreform (BVerfGE 84, 90), zum Grundrecht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes (BVerfGE 84, 133), zum Nachtarbeitsverbot (BVerfGE 85, 191), zur Frage der Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (BVerfGE 87, 1), zu Sitzblockaden (BVerfGE 87, 399), zum Besitzrecht des Mieters (BVerfGE 89, 1), zur Rundfunkgebühr (BVerfGE 90, 60), zur Strafbarkeit des Leugnens der Judenverfolgung (BVerfGE 90, 241) und viele andere mehr.

Am 23. Mai 1994 wurde Prof. Dr. Herzog zum siebten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt.

Das Wirken und die Verdienste von Prof. Dr. Herzog wurden mit zahlreichen Ehrungen und Auszeichnungen gewürdigt. Beispielhaft seien hier genannt die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Oxford/England (1997), der Universität Padua (1997), der Waseda- Universität Tokyo (1997) und der Universität Wroclaw (Breslau) (1998). Im Jahr 1997 erhielt Prof. Dr. Herzog den Internationalen Karlspreis der Stadt Aachen. Ebenfalls in diesem Jahr wurde er in New York zusammen mit dem tschechischen Präsidenten Vaclav Havel als "Europäischer Staatsmann des Jahres 1997" ausgezeichnet. Der Zentralrat der Juden in Deutschland ehrte ihn im Jahr 1998 mit dem Leo-Baeck-Preis.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, würdigte den Jubilar in seinem Glückwunschschreiben: "Für Ihre Aufgabe waren Sie wie wenige Juristen in Deutschland vorbereitet. In hervorgehobenen Positionen von Wissenschaft und Lehre sowie in hohen Staatsämtern konnten Sie Erfahrungen sammeln und diese für den Senat und das Gericht gewinnbringend einsetzen. Als sie 1994 aus dem Amt des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts schieden, war das für das Haus zwar ein schmerzender Verlust, Ihre nachfolgende Wahl und Ihre Amtstätigkeit als Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland lenkte aber auch Glanz auf das Bundesverfassungsgericht."

Karlsruhe, den 2. April 2004