Bundesverfassungsgericht

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Keine Kombination von Jugendarrest und Aussetzung von Jugendstrafe

Pressemitteilung Nr. 9/2005 vom 27. Januar 2005

Beschluss vom 09. Dezember 2004
2 BvR 930/04

Die Aussetzung der Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe schließt die gleichzeitige Anordnung eines Jugendarrests aus. Dies entschied die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts.

Das Amtsgericht sprach den zur Tatzeit fast 21jährigen Beschwerdeführer (Bf) des Raubes mit gefährlicher Körperverletzung schuldig und setzte die Entscheidung, ob Jugendstrafe zu verhängen ist, für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung aus. Ferner verhängte es einen Dauerarrest von vier Wochen. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Bf wurde vom Landgericht (LG) verworfen. Mit der Verfassungsbeschwerde (Vb) wendet sich der Bf gegen den Rechtsfolgenausspruch.

Die Vb war erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht hob das Urteil des LG hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs auf und verwies das Verfahren an das LG zurück. Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:

Die Anordnung von Jugendarrest neben der Aussetzung der Verhängung einer Jugendstrafe verstößt gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Nicht nur die Strafbarkeit, sondern auch die Strafandrohung muss in Art und Maß durch den Gesetzgeber bestimmt sein. Der gleichzeitigen Anordnung von Jugendarrest und Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe steht der Wortsinn des § 13 Abs. 1 Jugendgerichtsgesetz (JGG) entgegen.

Nach § 13 Abs. 1 JGG kann die Straftat eines Jugendlichen nur dann mit Zuchtmitteln - hierzu zählt auch der Jugendarrest - geahndet werden, wenn Jugendstrafe nicht geboten ist. Ob die Verhängung einer Jugendstrafe geboten ist, steht bei der Aussetzung der Verhängung der Jugendstrafe zur Bewährung (§ 27 JGG) gerade noch nicht fest. Denn eine Entscheidung nach § 27 JGG kann nur ergehen, wenn offen bleibt, ob wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen Jugendstrafe erforderlich ist. Diese Ungewissheit über die Erforderlichkeit der Jugendstrafe darf nicht mit der Nicht-Erforderlichkeit einer Jugendstrafe gleichgesetzt werden. Denn stellt sich später heraus, dass schädliche Neigungen in einem Umfang vorlagen, der die Verhängung von Jugendstrafe erforderlich macht, so wäre der vorangegangene Jugendarrest vollzogen worden, obwohl dessen Voraussetzungen nicht vorlagen.

Karlsruhe, den 27. Januar 2005