Bundesverfassungsgericht

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Mündliche Verhandlung in Sachen „Reform der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen“

Pressemitteilung Nr. 96/2008 vom 21. November 2008

1 BvR 706/08
1 BvR 814/08
1 BvR 819/08
1 BvR 832/08
1 BvR 837/08

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am

Mittwoch, den 10. Dezember 2008, 10:00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe

über fünf Verfassungsbeschwerden von Unternehmen, die private Krankenversicherungen anbieten und drei Verfassungsbeschwerden von Privatpersonen, die in privaten Krankenversicherungen versichert sind. Die Verfassungsbeschwerden richten sich unmittelbar gegen verschiedene Vorschriften des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-WSG) vom 26. März 2007 und des Gesetzes zur Reform des Versicherungsvertragsrechts (VVG-ReformG) vom 23. November 2007.

Das diesen Gesetzen zugrunde liegende Modell hält das zweigliedrige System von gesetzlicher und privater Krankenversicherung aufrecht. Es führt eine allgemeine Versicherungspflicht im Krankheitsfall für alle Einwohner Deutschlands in der gesetzlichen (ab dem 1. April 2007) oder privaten Krankenversicherung (ab dem 1. Januar 2009) ein. Verschiedene Neuregelungen sollen den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen und die Wahlrechte sowie die Wechselmöglichkeiten der Versicherten zwischen den Anbietern privater Krankenversicherungen verbessern. Ein Wechsel eines gesetzlich Versicherten in die private Krankenversicherung ist erst dann zugelassen, wenn ein Arbeitnehmer drei Jahre lang die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten hat. Ermöglicht wird die bisher nicht zulässige Übertragbarkeit (Portabilität) von Altersrückstellungen bei einem Wechsel des Versicherungsunternehmens. Darüber hinaus wird in der privaten Krankenversicherung ein branchenweiter Basistarif (§ 12 Abs. 1 a VAG) eingeführt, dessen Leistungen nach Art, Umfang und Höhe der gesetzlichen Krankenversicherung vergleichbar und dessen Höhe auf den Höchstbetrag in der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt ist. Dieser ist mit einem Kontrahierungszwang der privaten Krankenversicherungsunternehmen verbunden.

Die privaten Krankenversicherer machen eine Verletzung des allgemeinen Freiheitsgrundrechts, des Gleichheitsgrundsatzes, der Berufsfreiheit und des Eigentumsrechts geltend. Sie wenden sich mit ihren Verfassungsbeschwerden insbesondere gegen den Kontrahierungszwang im branchenweit eingeführten Basistarif. Darüber hinaus greifen sie die Übertragbarkeit von Altersrückstellungen bei einem Wechsel des Versicherers zu einer anderen Krankenversicherung und die ergänzenden versicherungsmathematischen Vorschriften in der Kalkulationsverordnung an. Außerdem werden Vorschriften, die die gesetzliche Krankenversicherung betreffen, als verfassungswidrig angesehen. Es handelt sich dabei um die in § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V geregelte Jahresarbeitsentgeltgrenze, die in drei aufeinander folgenden Jahren überschritten sein muss, bevor ein Wechsel von der gesetzlichen zur privaten Krankenversicherung zulässig ist, sowie die in § 53 Abs. 4 bis 6 SGB V geregelten Wahltarife der gesetzlichen Krankenversicherung für gesetzlich Versicherte. Gerügt wird auch, dass der Gesetzgeber mit der Subventionierung allein der gesetzlichen Krankenversicherung in § 221 Abs. 1 SGB V die privaten Versicherungen benachteilige. Zwei der fünf Beschwerdeführer rügen einen Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 GG, weil sowohl die autonome Entscheidung über Aufnahme und Ausschluss von Mitgliedern als auch über die Beitragsgestaltung der Mitglieder beeinträchtigt sei. Ein einzelner Beschwerdeführer macht noch § 208 VVG (Verbot der Abweichung von den neuen Vorschriften) zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde, ein anderer wendet sich gegen weitere Regelungen zu den Wahltarifen in § 53 Abs. 1 SGB V und zwar den Selbstbehalt der Versicherten (Abs. 1), die vorgesehenen Prämienzahlungen (Abs. 2 und Abs. 7) und die Finanzierung der Wahltarife (Abs. 9).

Bei den Privatpersonen, die Verfassungsbeschwerde erhoben haben, handelt es sich um Versicherte in privaten Krankenversicherungen, die im Wesentlichen die gleichen Vorschriften wie die Versicherer rügen. Eine Beschwerdeführerin ist selbständig und leidet unter einer schweren chronischen Erkrankung, ein anderer ist Beamter und hat im Jahr hohe Aufwendungen für Zahnersatzleistungen gehabt. Der dritte Beschwerdeführer war zunächst als Angestellter beschäftigt, ab 1999 freiberuflich tätig und privat versichert und hat im November 2007 eine abhängige Beschäftigung mit einem Gehalt oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze aufgenommen. Wegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ist er nunmehr wieder gesetzlich krankenversichert. Er rügt unter anderem, dass er durch den Versicherungszwang in der gesetzlichen Krankenversicherung in seinem allgemeinen Freiheitsgrundrecht verletzt sei. Zwei der Beschwerdeführer rügen die vorgesehene Übertragbarkeit der Altersrückstellungen, weil sie aufgrund eines zu befürchtenden Abgangs von Personen mit guter Risikoprognose aus ihrer privaten Krankenversicherung erhebliche Prämienerhöhungen in Kauf nehmen müssten.

Hinweis

Interessierte Bürgerinnen und Bürger, die an der mündlichen Verhandlung teilnehmen wollen, wenden sich bitte schriftlich an

Herrn Oberamtsrat Kambeitz
Postfach 1771, 76006 Karlsruhe
Telefon: 0721/9101-400
Fax: 0721 9101-461

Bei der Anmeldung sind Name, Vorname, Geburtsdatum und eine Telefon- oder Faxnummer anzugeben.

Akkreditierungshinweise für die Verhandlung am 10. Dezember 2008

Akkreditierung

Alle Medienvertreter haben sich schriftlich bis zum 5. Dezember 2008, 12:00 Uhr zu akkreditieren (Fax Nr. 0721 9101-461). Die Akkreditierungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Nach Ablauf der Frist eingegangene oder per E-Mail gesendete Akkreditierungen können nicht berücksichtigt werden.

Auch die Pool-Mitglieder für die Fernseh- und Fotoaufnahmen (siehe unten) sind innerhalb der genannten Frist schriftlich mitzuteilen. Die Anträge werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt.

Allgemeines

Für Medienvertreter stehen auf der Presseempore insgesamt 43 Sitzplätze zur Verfügung. Davon sind 11 Plätze für die Mitglieder der Justizpressekonferenz reserviert. Soweit Medienvertreter auf der Presseempore keinen Platz haben, müssen sie sich nach der Feststellung der Anwesenheit der Beteiligten in den 1. Stock begeben. Der weitere Aufenthalt vor dem Sitzungssaal ist nicht gestattet.

Im Presseraum stehen weitere 50 Sitzplätze zur Verfügung - davon sind 30 Plätze mit einem 230 V-Anschluss für Laptops ausgestattet. Außerdem steht ein Analog-Modem (mit TAE-Stecker) zur Verfügung. Es findet eine Tonübertragung aus dem Sitzungssaal statt.Handys sind wegen der störenden Geräusche auszuschalten. Laptops dürfen im Sitzungssaal ebenfalls nicht benutzt werden.

Foto- und Fernsehaufnahmen

1. Foto-, Film- und Tonaufnahmen sind zulässig, bis der Vorsitzende des Senats die Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten festgestellt hat. Danach haben Fotografen und Kamerateams die Ebene des Sitzungssaals (auch äußeren Flurraum und Pressetribüne) zu verlassen. Zum Aufenthalt steht der Presseempfangsraum (1. OG) zur Verfügung.

Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher Sender mit jeweils maximal drei Kameras) sowie sechs Fotografen (vier Agenturfotografen und zwei freie Fotografen) zugelassen.

Die Bestimmung der "Pool-Mitglieder" bleibt den vorgenannten Fernsehsendern bzw. den Agenturen und Fotografen überlassen.

Die "Pool-Mitglieder" verpflichten sich, auf entsprechende Anforderung die Aufnahmen anderen Rundfunkanstalten und Fotografen-Konkurrenzunternehmen zur Verfügung zu stellen.

2. Bei Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal darf durch Fotografen, Kameraleute und sonstige Medienvertreter das freie Blickfeld des Senats nach allen Seiten nicht verstellt werden. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Sitzungsamtsmeister ist Folge zu leisten.

Standorte für die Fernsehkameras (je zwei) sind der Mittelgang und (von der Richterbank aus gesehen) die rechte Seite im Sitzungssaal sowie die Pressetribüne.

3. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sowie in der Mittagspause sind Interviews, Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen im Sitzungssaal lediglich für den Zeitraum von 20 Minuten zugelassen. Für weitere Aufnahmen stehen der Presseempfangsraum (1. OG) oder das Foyer (EG) zur Verfügung.

Fahrzeuge der Fernsehteams

Für SNG-, Schnitt- und Übertragungsfahrzeuge steht nur eine begrenzte Anzahl von Standplätzen zur Verfügung.

Falls ein Standplatz benötigt wird, ist dies bereits bei der Akkreditierung anzugeben. Die Standplätze werden nach Eingang des Antrags vergeben.

Für die Zuweisung der Standplätze werden folgende Angaben benötigt: Größe, Gewicht, Kennzeichen und evtl. Strombedarf.

Anfahrt und Aufbau sind am Vortag der mündlichen Verhandlung von 9:00 bis 18:00 sowie am Tag der mündlichen Verhandlung zwischen 7:00 und 9:00 Uhr möglich.

Falls Strom über das Bundesverfassungsgericht bezogen werden soll, ist dies bis spätestens 15:00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung mitzuteilen.

Aufbau von Studios

Der Aufbau von Studios ist in Absprache mit der Pressestelle ausschließlich im Presseempfangsraum (1. OG) sowie im Foyer (EG) möglich.

Die Namen und Kfz-Kennzeichen der Teams sind bis spätestens 15:00 Uhr am Vortag der mündlichen Verhandlung mitzuteilen.

Diese Hinweise finden ihre Grundlage in § 17 a BVerfGG in Verbindung mit den ergänzenden Regelungen des Ersten und Zweiten Senats.