Bundesverfassungsgericht

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Zur Auslagenerstattung bei Erledigung der Verfassungsbeschwerde wegen Aufhebung der angegriffenen Gesetzesnorm

Pressemitteilung Nr. 110/2010 vom 1. Dezember 2010

Beschluss vom 04. November 2010
1 BvR 661/06

Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen Art. 34a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in der bis zum 31. Juli 2009 geltenden Fassung, der die Voraussetzungen der Datenerhebung durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation regelt. Die Norm ist durch § 1 Nr. 6a des Gesetzes zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes, des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes und des Bayerischen Datenschutzgesetzes vom 27. Juli 2009 aufgehoben worden.

Die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, jedoch die den Beschwerdeführern im Verfassungsbeschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen dem Freistaat Bayern auferlegt.

Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde liegen nicht vor. Sie ist unzulässig, da es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführer fehlt. Denn durch die Aufhebung der angegriffenen Vorschrift hat sich das ursprünglich mit der Verfassungsbeschwerde verfolgte Begehren der Beschwerdeführer erledigt. Ein Rechtschutzbedürfnis ergibt sich vorliegend auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines schwer wiegenden Grundrechtseingriffs. Zwar stellen die durch die früher geltende Regelung ermöglichten Datenerhebungen durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation grundsätzlich schwer wiegende Grundrechtseingriffe dar. Es ist jedoch weder von den Beschwerdeführern dargelegt noch sonst ersichtlich, dass sie solchen Maßnahmen in der Zeit bis zur Aufhebung der Vorschrift ausgesetzt waren. Dass nach ihrem Vorbringen im Hinblick auf die aufgehobene Regelung einzelne Telefongespräche unterblieben sind, stellt im Vergleich zu den Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung und -aufzeichnung einen weit weniger schwer wiegenden Eingriff dar.

Trotz der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung entspricht es der Billigkeit, die Erstattung der Auslagen der Beschwerdeführer im Verfassungsbeschwerdeverfahren anzuordnen. Denn wie sich aus der Begründung des aufhebenden Gesetzes ergibt, bestanden im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Art. 34a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PAG, die der Landesgesetzgeber zum Anlass genommen hat, die Vorschrift vorsorglich zu streichen. Da er somit das Begehren der Beschwerdeführer als wahrscheinlich berechtigt erachtet hat, ist es gerechtfertigt, die Auslagenerstattung in gleicher Weise anzuordnen, wie wenn den Verfassungsbeschwerden stattgegeben worden wäre.