BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 2251/02 -
- 1 BvQ 49/02 -
In den Verfahren
1. über die Verfassungsbeschwerde
des Rechtsanwalts M...,
Klausenerstraße 24, 39112 Magdeburg -
1. unmittelbar gegen
a) | den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 2002 - NotZ 15/02 -, |
b) | den Beschluss des Kammergerichts vom 8. Mai 2002 - Not 21 u. 22/01 -, |
c) | den Bescheid der Präsidentin des Kammergerichts vom 25. Oktober 2001 - M 689 G KG - |
2. mittelbar gegen § 6 Abs. 2 Nr. 1 der Bundesnotarordnung
- 1 BvR 2251/02 -,
2. über den Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung der Präsidentin des Kammergerichts aufzugeben, eine der im Amtsblatt für Berlin Nr. 15 vom 31. März 2000, S. 1091, aufgeschriebenen 60 Notarstellen bis zur Entscheidung über eine noch zu erhebende Verfassungsbeschwerde nicht zu besetzen
- Antragsteller: | Rechtsanwalt Richard Masche, Kurfürstendamm 188/189, 10707 Berlin - |
Klausenerstraße 24, 39112 Magdeburg -
- 1 BvQ 49/02 -
hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
die Richterin Jaeger
und die Richter Hömig,
Bryde
am 18. Dezember 2002 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Gründe:
Der Beschwerdeführer begehrt die Zulassung als Anwaltsnotar, die ihm im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens versagt wurde, weil ihm an der vorgesehenen fünfjährigen Zulassung als Rechtsanwalt sechs Tage fehlten.
1. Der Beschwerdeführer bewarb sich im Jahr 2000 auf eine von 60 für das Land Berlin ausgeschriebenen Notarstellen. Seine Bewerbung wurde mit der Begründung abgelehnt, dass er zwar eine höhere Punktzahl erzielt habe als der Bewerber auf Rang 60, jedoch die Frist des § 6 Abs. 2 Nr. 1 der Bundesnotarordnung (BNotO) um sechs Tage verfehlt habe.
Die Anträge des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Kammergericht Berlin sowie auf gerichtliche Entscheidung vor dem Kammergericht Berlin und dem Bundesgerichtshof blieben ohne Erfolg.
2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde und mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung macht der Beschwerdeführer insbesondere geltend, die Dauer der allgemeinen Wartefrist des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BNotO sei zur Auswahl geeigneter Notare nicht erforderlich. Die Regelung werde zudem in verfassungswidriger Weise angewendet, wenn das Land Berlin generell keine Ausnahmen zu dieser Frist zulasse, obwohl § 6 Abs. 2 Nr. 1 BNotO mit der Formulierung "soll in der Regel" gerade nicht eine gebundene Entscheidung vorsehe. In seinem Falle sei eine solche Ausnahme geboten, da er durch vorherige anwaltliche Tätigkeiten, insbesondere als Notariatsverwalter, die fehlenden sechs Tage überkompensiere. Er werde in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 GG verletzt.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, da die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Damit erledigt sich zugleich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
1. Eine Verletzung der Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG durch die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BNotO ist nicht erkennbar.
Das in dieser Vorschrift enthaltene Bestellungskriterium wurde in die Bundesnotarordnung eingeführt, um eine Vertrautheit der Bewerber mit der Praxis der Rechtsbesorgung und deren organisatorischer Bewältigung, Sicherheit im Umgang mit dem rechtsuchenden Bürger und durch Erfahrung vermitteltes Verständnis für dessen Anliegen sicherzustellen (vgl. BTDrucks 11/6007, S. 10). Ob für die erfolgreiche Bewerbung um eine Stelle als Anwaltsnotar eine Berufserfahrung als Rechtsanwalt von mehr oder weniger als fünf Jahren zu fordern ist, fällt in den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Die gesetzliche Regelung ist von Erwägungen getragen, die auch hinsichtlich der gewählten Dauer keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
2. Von Verfassungs wegen ist ebenfalls nicht zu beanstanden, wenn das Land Berlin bislang keine Ausnahmen von der Regelfrist des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BNotO zugelassen hat, selbst wenn einem Bewerber nur wenige Tage fehlten. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn so große Zeiträume zwischen den einzelnen Ausschreibungen lägen, dass es unverhältnismäßig erschiene, auch bei einer Unterschreitung von nur sechs Tagen einen Bewerber jahrelang auf die nächste Ausschreibung warten zu lassen. Dies ist jedoch bislang im Land Berlin nicht der Fall. Nach Auskunft der Senatsverwaltung für Justiz wurden in den letzten zehn Jahren sieben Ausschreibungsverfahren durchgeführt, bei denen zwischen 56 und 113 Notarstellen zu besetzen waren. Angesichts dieser Zahlen kann nicht beanstandet werden, wenn die Wartezeiten strikt gehandhabt werden, um nicht neue Abgrenzungsschwierigkeiten aufzuwerfen. Bewerbern, die die Frist nur um ein Weniges verfehlen, ist zuzumuten, auf die nächste Ausschreibung zu warten, zumal sich ihre Chancen hierdurch noch verbessern, weil bei ihnen die Punktzahl mit dem Zeitablauf steigt.
Auch ist - angesichts der häufigen Ausschreibung von Stellen - die Gefahr einer Steuerung des Bewerberkreises durch die derzeitige Ausgestaltung der Auswahlverfahren in Berlin nicht ersichtlich. Rechtsanwälte, die die Frist des § 6 Abs. 2 Nr. 1 BNotO knapp verfehlen, wird es bei jeder Stichtagsregelung geben.
3. Im Übrigen wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG von einer Begründung abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Jaeger | Hömig | Bryde |