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Zur Verfassungsmäßigkeit von Lenkungsteuern - hier: Verfassungswidrigkeit von "Kommunaler Verpackungsteuer" und "Landesabfallabgabengesetzen"

Pressemitteilung Nr. 50/1998 vom 7. Mai 1998

Urteil vom 07. Mai 1998, Urteil vom 07. Mai 1998
2 BvR 1876/91
2 BvR 1991/95

Der Zweite Senat des BVerfG hat aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Dezember 1997 mit Urteilen vom 7. Mai 1998 jeweils einstimmig folgendes entschieden:

Grundsätzlich dürfen Steuern und Abgaben auch zu Lenkungszwecken erhoben werden. Dies setzt keine zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretende Sachkompetenz voraus. Allerdings dürfen solche Lenkungsteuern und -abgaben nicht den Regelungen oder Regelungskonzepten des Sachgesetzgebers widersprechen.

Im einzelnen:

"Kommunale Verpackungsteuer" (2 BvR 1991/95 und 2004/95)

Die Satzung der Stadt Kassel über die Erhebung einer Verpackungsteuer vom 16. Dezember 1991 ist wegen Verstoßes gegen die Schranken der Kompetenzausübung mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) unvereinbar und nichtig.

Das hierauf beruhende Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1995 wird aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

"Abfallabgabe/Landesabfallabgabengesetze" (2 BvR 1876/91 u.a.)

Die Landesabfallabgabengesetze der Länder Hessen und Schleswig-Holstein sind ebenfalls wegen Verstoßes gegen die Schranken der Kompetenzausübung mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit unvereinbar und nichtig. Gleiches galt für die - 1997 aufgehobenen - Landesabfallabgabengesetze der Länder Baden-Württemberg und Niedersachsen.

Wegen des Sachverhalts und des Wortlauts der einschlägigen Vorschriften wird auf die Pressemitteilung Nr. 101/97 vom 28. November 1997 Bezug genommen.

Zur Begründung heißt es u.a.:

A. "Kommunale Verpackungsteuer"

Die Satzung der Stadt Kassel verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, weil sie mit der bundesstaatlichen Ordnung der Gesetzgebungskompetenzen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24, Art. 105 Abs. 2a GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar ist.

I.

Die Verpackungsteuer nimmt Einfluß auf die Art und Weise der Berufsausübung. Sie ist deshalb an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen.

Ein zulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit setzt eine hierzu ermächtigende Norm voraus, die auch den übrigen an sie zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt.

1. Der Senat führt aus, daß der Gesetzgeber seine Steuergesetzgebungskompetenz grundsätzlich auch ausüben darf, um Lenkungswirkungen (hier: Verteuerung der Verwendung von Einwegverpackungen für den Verbraucher und dessen Veranlassung, Waren in Mehrwegbehältnissen nachzufragen) zu erzielen. Dies setzt keine zur Steuergesetzgebungskompetenz hinzutretende Sachkompetenz voraus. Das GG trennt die Steuer- und die Sachgesetzgebungskompetenz als jeweils eigenständige Regelungsbereiche und verweist auch die Lenkungsteuer wegen ihres verbleibenden Finanzierungszwecks in die Zuständigkeit des Steuergesetzgebers.

Allerdings ist diese Kompetenz zur Lenkung in einem anderweitig geregelten Sachbereich nur dann zulässig, wenn dadurch die Rechtsordnung nicht widersprüchlich wird. Greift die steuerliche Lenkung auf eine Sachmaterie über, darf der Steuergesetzgeber nicht Regelungen herbeiführen, die den vom zuständigen Sachgesetzgeber getroffenen Regelungen widersprechen.

2. Diesen Anforderungen genügt die Verpackungsteuer nicht.

Zwar ist das Land nach Art. 105 Abs. 2a GG grundsätzlich zur Regelung einer solchen Steuer als örtliche Verbrauchsteuer zuständig und darf diese Gesetzgebungszuständigkeit auf Gemeinden übertragen.

Die Verpackungsteuer läuft jedoch in ihrer Ausgestaltung als Lenkungsteuer den bundesrechtlichen Vorgaben des Abfallrechts zuwider. Insoweit durfte die Steuergesetzgebungskompetenz des Art. 105 Abs. 2a GG nicht in der Weise ausgeübt werden, daß ihre Lenkungswirkungen den rechtsverbindlichen Vorgaben des Bundesgesetzes widersprechen.

a) Nach der Grundentscheidung des Abfallgesetzgebers im Abfallgesetz (= Bund), die auch im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (in Kraft seit Oktober 1996) beibehalten worden ist, werden die abfallwirtschaftlichen Ziele der Vermeidung und Verwertung von Einwegverpackungen nach dem Kooperationsprinzip verfolgt. Dieses Prinzip begründet eine kollektive Verantwortung verschiedener Gruppen, in eigenständiger Aufgabenteilung und Verhaltensabstimmung das vorgegebene oder gemeinsam definierte Ziel zu erreichen. Es ist vor allem zur Vermeidung und Verwertung von Abfällen aus Verpackungen umgesetzt worden und kam insbesondere in § 14 Abfallgesetz (AbfG) - dem Kernstück des Abfallgesetzes von 1986 - zum Ausdruck. Die Vorschrift bestimmte in ihrem Absatz 2, daß die Bundesregierung nach Anhörung der Beteiligten zunächst Zielfestlegungen - die binnen angemessener Zeit zu erreichenden Ziele für Vermeidung, Verringerung oder Verwertung von Abfällen aus bestimmten Erzeugnissen - vorlegt. Der Gesetzgeber verzichtete hier gänzlich auf ordnungsrechtliche Regelungen, um den kooperativen Gestaltungsraum nicht einzuengen. Dieses in § 14 Abs. 2 AbfG geregelte Prinzip wurde insbesondere im Bereich der Verpackungen von Anfang an genutzt. Schon unter Geltung dieser Vorschrift hatte sich 1977 die Deutsche Industrie freiwillig verpflichtet, auf die Einführung von Einwegverpackungen aus Kunststoff zu verzichten. Diese Selbstverpflichtung blieb bis Ende des Jahres 1987 wirksam. Erst als diese Selbstverpflichtung und auch Zielfestlegungen (Zielfestlegung zur Vermeidung, Verringerung oder Verwertung von Abfällen aus Verpackungen für Getränke von April 1989; Zielfestlegung zur Vermeidung, Verringerung oder Verwertung von Abfällen von Verkaufsverpackungen aus Kunststoff für Nahrungs- und Genußmittel sowie Konsumgüter von Januar 1990) letztlich nicht zum gewünschten Erfolg führten, hat der Verordnungsgeber mit der Verpackungs verordnung von Juni 1991 eine - thematisch eng begrenzte - ordnungsrechtliche Regelung getroffen. Die Verordnung geht von der Verantwortlichkeit nicht nur der Vertreiber und der Konsumenten, sondern auch der Hersteller von Verpackungen aus. Sie zielt auf ein Netz von Rücknahmeverpflichtungen, durch das die Verpackungskette vom Handel bis zum Lieferanten des Vormaterials rückabgewickelt wird. Mit diesen auf Kooperation angelegten Inhalten gilt die Verpackungsverordnung trotz Wegfalls der Ermächtigung des § 14 Abs. 2 AbfG bis heute fort; das seit Oktober 1996 geltende Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz verfolgt dieselbe Konzeption.

b) Die steuerliche Lenkung durch die Verpackungsteuer läuft diesem (bundes-)gesetzlichen Kooperationskonzept zuwider.

Die Lenkung ist mit der Offenheit der Handlungsmittel, die das Kooperationskonzept des AbfG prägt, grundsätzlich unvereinbar. Sie fördert ein bestimmtes Verhalten - den Verzicht auf die Verwendung von Einweggeschirr oder die stoffliche Verwertung ausgegebenen Einwegmaterials - und wendet sich an einen umgrenzten Adressatenkreis, nämlich die Verwender von Einweggeschirr. Mit dieser konkreten, sanktionsbewehrten Verhaltenslenkung widerspricht sie der Entscheidung des (Bundes-)Gesetzgebers, die Konkretisierung des Ziels, Verpackungsabfälle zu vermeiden, und die Auswahl der dafür geeigneten Mittel den "beteiligten Kreisen" mit ihrer besonderen Sachkenntnis und -nähe zu überlassen.

Die steuerliche Lenkung widerspricht auch der abfallrechtlichen Konzeption der Erfolgsverantwortung der beteiligten Kreise als Kooperationspartner. Sie besteuert das Unterlassen des gewünschten Verhaltens auch dann, wenn durch die Nutzung anderer Alternativen das abfallwirtschaftliche Ziel in gleicher oder besserer Weise gefördert würde und diese Alternativen im konkreten Fall ökonomisch und ökologisch sinnvoller wären. Der Steuertatbestand steht dem abfallrechtlichen Prinzip kooperativer Verantwortung entgegen, weil dieses lediglich den Vermeidungserfolg als Ziel vorgibt, den Weg zu diesem Ziel aber dem sachkundigen Einvernehmen überläßt. Auch wirkt die steuerliche Lenkung nur auf ein individuelles Verhalten ein, kann die Erreichung des abfallwirtschaftlichen Gesamtziels aber nicht sicherstellen, weil der einzelne Steuerschuldner sich durch Abgabenzahlung von der abgabenrechtlichen Zweckbindung lösen darf. Außerdem trifft die Lenkungsteuer nur einen kleinen Teil der Verantwortlichen, nämlich allein die Letztvertreiber und Konsumenten. Die im AbfG des Bundes vorgesehene Kooperation hingegen ist darauf gerichtet, möglichst alle Verantwortlichen zu einer gemeinsamen und koordinierten Vermeidung von Verpackungsabfällen in Pflicht zu nehmen.

c) Diese Gegenläufigkeit zur bundesrechtlichen Konzeption ist auch nach Erlaß der Verpackungsverordnung von Juni 1991 bestehen geblieben.

Die Verwirklichung des in dieser Verordnung vorgegebenen Modells wird von einer Verpackungsteuer durchkreuzt, die den Lenkungsdruck ausschließlich auf die Endverkäufer und Verbraucher ausrichtet und die Endverkäufer in individuelle Lösungen drängt. Sowohl die damit verbundene Entlastung der Hersteller und Zwischenvertreiber als auch die individuelle Ausrichtung sind geeignet, das von der Verpackungsverordnung gewollte Zusammenwirken aller Verantwortlichen zu beeinträchtigen.

II.

Die Verfassungswidrigkeit der Satzung führt zu deren Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 S. 2 BVerfGG).

Die angegriffene Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes ist aufzuheben, weil sie auf der verfassungswidrigen Satzung beruht.

B. "Abfallabgabe/Landesabfallabgabengesetze"

Die angegriffenen Landesabfallabgabengesetze verletzen die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG, weil auch sie mit der bundesstaatlichen Ordnung der Gesetzgebungskompetenzen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24, 105 Abs. 2 GG) in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip nicht vereinbar sind.

I.

Die in den Landesgesetzen geregelten Abfallabgaben belasten die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Güterproduktion in der Nebenwirkung der Abfallerzeugung, nehmen Einfluß auf die Art und Weise dieser unternehmerischen Tätigkeit und sind deshalb an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen.

Die angegriffenen Landesabfallabgabengesetze stellen keine einen Eingriff in dieses Grundrecht rechtfertigende Normen dar. Sie finden weder in der konkurrierenden Sachgesetzgebungskompetenz für das Abfallwirtschaftsrecht noch in der Steuergesetzgebungskompetenz des Art. 105 Abs. 2 GG eine verfassungsrechtlich tragfähige Grundlage.

1. Das Rechtsstaatsprinzip und die bundesstaatliche Kompetenzordnung verpflichten alle rechtsetzenden Organe, ihre Regelungen jeweils so aufeinander abzustimmen, daß die Rechtsordnung nicht aufgrund unterschiedlicher Anordnungen widersprüchlich wird.

Hinsichtlich der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 72, 74 GG) folgt daraus, daß dann, wenn landesgesetzliche Regelungen mit einer bundesgesetzlichen Regelung in Widerspruch stehen, diese landesgesetzlichen Regelungen den dem Landesgesetzgeber belassenen Zuständigkeitsbereich überschreiten.

Besteht eine Kompetenz sowohl für ein Bundes- als auch für ein Landesgesetz, so kann sich ein Widerspruch ergeben, wenn einerseits der Bundesgesetzgeber eine Sachregelung trifft, andererseits der Landesgesetzgeber eine Abgabe erhebt. Eine solche Kollision kann vor allem auftreten, wenn mit dem Abgabengesetz Lenkungswirkungen erzielt werden sollen, die den Regelungen des zuständigen Sachgesetzgebers (= Bund) zuwiderlaufen. In einem solchen Fall trifft der Abgabengesetzgeber in den vom Sachgesetzgeber erlassenen Regelungen auf eine Grenze der Kompetenzausübung. Nach der Kompetenzordnung des GG und dem Rechtsstaatsprinzip darf der Abgabengesetzgeber aufgrund einer Abgabenkompetenz nur insoweit lenkend in den Kompetenzbereich eines Sachgesetzgebers übergreifen, als die Lenkung weder der Gesamtkonzeption der sachlichen Regelung noch konkreten Einzelregelungen zuwiderläuft (s. oben Urteil "Verpackungsteuer").

2. Die angegriffenen Landesabfallabgabengesetze genügen diesen Maßstäben nicht.

a) Der Bundesgesetzgeber hat von seiner Kompetenz zur Regelung der Abfallwirtschaft in der Weise Gebrauch gemacht, daß im Rahmen der gemeinsamen Umweltverantwortung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft der Ausgleich zwischen individueller Freiheit und gesellschaftlichen Bedürfnissen jeweils unter Mitwirkung der Betroffenen gefunden wird. Dieses Konzept eines kooperativen Verwaltens verwirklicht das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) im Rahmen eines durch das Verbot mit Genehmigungsvorbehalt bestimmten Verwaltungsrechtsverhältnisses. Die genehmigungsbedürftigen Anlagen sind nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG so zu errichten und zu betreiben, daß Abfälle im Rahmen des technisch Möglichen und Zumutbaren vermieden bzw. verwertet werden. Dieser individualisierende, von der Beschaffenheit und Funktion der einzelnen Anlage abhängige Maßstab des technisch Möglichen und betrieblich Zumutbaren ist offen für die konkreten Vorgaben, die von der Planung und Finanzkraft des Anlagenbetreibers sowie der Ausstattung und Entwicklungsfähigkeit der Anlage bestimmt werden. Der Gesetzgeber erwartet vom Zusammenwirken zwischen Umweltbehörde und Anlagenbetreiber eine wirkungsvolle Abfallvermeidung und -verwertung. Vorschlägen und Darlegungspflichten des Antragstellers steht eine bloße "nachvollziehende Amtsermittlung" der Behörde als Auffangnetz bei unzulänglicher Darlegung gegenüber.

Insgesamt stellen sich die Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts zur Konkretisierung der abfallrechtlichen Pflichten als "billigende Programmierung von kooperativem Verwaltungshandeln" dar.

b) Die Landesabfallabgabengesetze widersprechen in ihrer Gestaltungswirkung diesem Kooperationsprinzip und sind mit der für alle Wettbewerber kraft Bundesrechts gleichen Offenheit des Verfahrens unvereinbar.

Die Landesabfallabgaben suchen die Abfallvermeidung und die Abfallverwertung zu lenken. Die Landesabfallabgabengesetze sind vorrangig darauf ausgerichtet, das Erzeugen von abgabepflichtigen Abfällen zu vermeiden. Daneben schaffen sie durch Befreiungstatbestände Anreiz, bestimmte Entsorgungsformen zu wählen.

Der Senat führt aus, daß demgegenüber der Bundesgesetzgeber in einer Gesamtkonzeption von AbfG und BImSchG die Vermeidung und die Verwertung produktbedingter Abfälle so geregelt hat, daß mitwirkungsoffene Tatbestände auf eine individualisierende Verhältnismäßigkeit ausgerichtet sind und dem Kooperationspartner ausdrücklich Wahlrechte einräumen. Jedem Anlagenbetreiber ist die Wahl unter den Handlungsmitteln bundesweit in gleicher Weise eröffnet und darf um der Wettbewerbsgleichheit willen nicht landesrechtlich verengt werden.

Diesem Konzept widersprechen die Lenkungswirkungen der angegriffenen Landesabfallabgabengesetze.

Die abgabenrechtliche Lenkung wirkt unmittelbar auf den Adressaten ein und nimmt den Instrumenten einer bloßen Beratung, einer Verfahrensbeschleunigung oder zukünftiger Anordnungen ihre Offenheit und einen Teil ihrer Wirkungskraft. Die generelle Lenkung des Abgabenrechts kann nicht nach individualisierender Verhältnismäßigkeit zugemessen und auf die Besonderheiten der einzelnen Anlage abgestimmt werden. Auch erlaubt eine Abgabepflicht nicht ein Zurückstellen möglicher Sanktionen, um dem Betroffenen einen Anpassungszeitraum zu deren Vermeidung zu geben.

Ist dem Anlagenbetreiber weder die Vermeidung noch die schadlose Verwertung zumutbar, führt die Abgabepflicht zu einer unausweichlichen finanziellen Belastung, die den Investitionsspielraum auch im Hinblick auf abfallärmere Produktionsverfahren verengt. Folgt der Anlagenbetreiber hingegen freiwillig der Verhaltensempfehlung nicht und nimmt die Abgabenlast in Kauf, so verändert die Abgabe die Rahmenbedingungen der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit.

Die generelle abgabenrechtliche Lenkung vernachlässigt die Ermittlung der im Einzelfall gegebenen Handlungsalternativen und ihrer unterschiedlichen Umweltverträglichkeit und greift damit in die Kooperationsoffenheit des Umweltverfahrens ein. Der Anlagenbetreiber wird einen umweltschädlichen Umgang mit Abfällen vorziehen, wenn er dadurch der Abgabenlast entgehen kann. Er wird z.B. durch eine Abgabenlast gedrängt, die in der Anlage anfallenden Stoffe entgegen den Erkenntnissen des Umweltschutzes in seine Erzeugnisse einzuarbeiten, wenn die ökologisch und ökonomisch geforderte Entsorgungsform mit einer Abgabepflicht verteuert wird.

II.

Der Widerspruch der landesrechtlichen Abfallabgabengesetze zu dem im Bundes-Immissionsschutzrecht geregelten Konzept der Kooperation betrifft den Kern dieser Landesgesetze und führt damit zu deren Gesamtnichtigkeit.