Bundesverfassungsgericht

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Unzulässiger Antrag der PDS-Fraktion

Pressemitteilung Nr. 38/1999 vom 25. März 1999

Beschluss vom 25. März 1999
2 BvE 5/99

Die PDS-Fraktion hat im Wege des Organstreitverfahrens beantragt festzustellen, daß die Bundesregierung und der Bundesminister der Verteidigung durch die unmittelbare Beteiligung an militärischen Operationen der NATO gegen die Republik Jugoslawien gegen das GG verstoßen. Diesen Antrag hat der Zweite Senat einstimmig als unzulässig verworfen. Er hat sich also inhaltlich nicht mit der Rechtmäßigkeit des Bundeswehreinsatzes befaßt. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.

Zur Begründung heißt es u.a.:

Die Antragstellerin ist nicht antragsbefugt, weil weder ihre eigenen noch die Rechte des Deutschen Bundestages verletzt sein können.

1. Die PDS-Fraktion vermag nicht darzulegen, daß der Bundestag durch die angegriffenen Maßnahmen in Rechten verletzt sein könnte, die ihm durch das GG übertragen worden sind. Das Organstreitverfahren dient dem Schutz der Rechte der Staatsorgane im Verhältnis zueinander, nicht einer allgemeinen Verfassungsaufsicht.

Das GG ermächtigt den Bund, Streitkräfte zur Verteidigung aufzustellen und sich Systemen kollektiver Selbstverteidigung und gegenseitiger kollektiver Sicherheit anzuschließen. Darin ist auch die Befugnis eingeschlossen, sich mit eigenen Streitkräften an Einsätzen zu beteiligen, die im Rahmen solcher Systeme vorgesehen sind und nach ihren Regeln stattfinden. Allerdings bedarf der Einsatz bewaffneter Streitkräfte grundsätzlich der vorherigen konstitutiven Zustimmung des Bundestages. Diese Zustimmung hat der Bundestag erteilt.

Er hat am 16. Oktober 1998 militärischen Maßnahmen zur Abwendung einer humanitären Katastrophe im Kosovo zugestimmt. Dieser Beschluß ermächtigt zu Luftoperationen der NATO, die in Phasen durchzuführen sind. Bei diesem Beschluß war dem Bundestag bewußt, daß der Einsatz aller Voraussicht nach ohne eine Ermächtigung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen durchgeführt werden würde. Die Bundesregierung hatte ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie dennoch einen Militäreinsatz der NATO für gerechtfertigt hielt. Der Beschluß vom 16. Oktober 1998 deckt damit die gegenwärtigen Luftangriffe der NATO.

Spätere Beschlüsse des Bundestages nehmen auf den Beschluß vom 16. Oktober 1998 Bezug und machen damit deutlich, daß auch der 14. Deutsche Bundestag an dem Beschluß zu einer militärischen Operation zur Verhinderung einer humanitären Katastrophe festhält. Damit sind Rechte des Deutschen Bundestages nicht verletzt.

2. Die Antragstellerin ist auch nicht in ihren eigenen Rechten als Bundestagsfraktion verletzt. Als derartige Rechte kommen nur solche im innerparlamentarischen Raum, nicht aber im Verhältnis zwischen Parlament und Regierung in Betracht. Zwar trägt die Antragstellerin vor, der Deutsche Bundestag habe selbst ultra vires gehandelt, als er die Beschlüsse zum Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte gefaßt habe.

Eine solche Rechtsverletzung könnte jedoch nicht im Organstreitverfahren gegen die Bundesregierung, erst recht nicht gegen den Bundesminister der Verteidigung geltend gemacht werden, sondern allenfalls in einem Verfahren gegen den Deutschen Bundestag. Auch für dieses Verfahren fehlte es jedoch an der Antragsbefugnis, weil die verfassungsrechtliche Ermächtigung des Bundes, Streitkräfte in einem System kollektiver Sicherheit einzusetzen, grundsätzlich geklärt ist (BVerfGE 90, 286) und die Rechte der antragstellenden Fraktion sich insoweit auf eine ordnungsgemäße Beteiligung an dem Verfahren beschränken, in dem der Bundestag dem Einsatz bewaffneter Streitkräfte seine vorherige konstitutive Zustimmung erteilt hat.

3. Mit der Verwerfung des Antrags in der Hauptsache erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.