Bundesverfassungsgericht

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Zur "Gedenkmünze" für Willy Brandt

Pressemitteilung Nr. 134/2000 vom 17. Oktober 2000

Beschluss vom 25. August 2000
1 BvR 2707/95

Die 1. Kammer des Ersten Senats des BVerfG hat eine Verfassungsbeschwerde (Vb) nicht zur Entscheidung angenommen, die die Herausgabe einer Gedenkmünze mit dem Abbild Willy Brandts betraf.

1. Die Witwe von Willy Brandt (Beschwerdeführerin; Bf) hatte sich gegen den Vertrieb einer Münzedition mit seinem Abbild gewandt. Nach Erfolgen beim Landgericht und Oberlandesgericht unterlag sie beim Bundesgerichtshof. Dieser befand, dass die Herausgeberin mit der Münzedition zwar ein kommerzielles Interesse verfolgt, zugleich aber auch ein schutzwürdiges Interesse der Öffentlichkeit befriedigt habe.

Die Entscheidung des BGH ist abgedruckt in der NJW 1996, 593.

Mit der Rüge, das postmortale allgemeine Persönlichkeitsrecht von Willy Brandt in der Ausprägung des Rechts am eigenen Bild sei durch die unautorisierte Herausgabe der Münze verletzt, ist die Bf nun vor dem BVerfG gescheitert.

2. Nach der Begründung der Kammer für den Nichtannahme-Beschluss ist der Maßstab für die Überprüfung der BGH-Entscheidung die Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG, denn die Verpflichtung des Staates zum Schutz derselben endet nicht mit dem Tod. Träger des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG können hingegen nur lebende Personen sein. Die Schutzwirkungen beider Grundrechte sind nicht identisch, wie die Kammer ausführt.

Im übrigen scheidet die Annahme der Vb auch aus, weil sie nicht einmal am Maßstab des Persönlichkeitsschutzes Lebender Erfolg haben könnte. Der BGH hat ohne verfassungsrechtliche Fehler festgestellt, dass der Münze auch ein gewisser Informationsgehalt hinsichtlich einer absoluten Person der Zeitgeschichte innewohnt. Er hat dies aus der Gestaltung der Münze entnommen und dazu u.a. dargelegt: Ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit liege umso näher, je stärker sich die allgemeine Aufmerksamkeit auf eine Person richte. Dies sei bei einer Persönlichkeit wie Willy Brandt in besonderem Maße der Fall. Ein schutzwürdiges Publikationsinteresse liege insbesondere vor, wenn das Bild einer solchen Person in einen für den Betrachter deutlichen Zusammenhang mit seinen Leistungen als Politiker und Staatsmann gestellt werde. Dies sei durch die aussagekräftigen Symbole und durch schlagwortartige verbale Umschreibungen seiner Leistungen und Ämter geschehen. Diese Bewertung des BGH, dass hinter dem Vertrieb der "Abschiedsmedaille" neben dem kommerziellen Interesse der Beklagten auch ein schutzwürdiges Informationsinteresse der Allgemeinheit stehe, ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Es ist nicht Sache des BVerfG, den Informationscharakter der umstrittenen Münzedition selbst abschließend zu beurteilen oder das Verständnis der Münzen, welches der BGH zugrundegelegt hat, durch ein anderes zu ersetzen, das es für treffender hält.

Karlsruhe, den 17. Oktober 2000