Bundesverfassungsgericht

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Schüsse auf DDR-Grenzer als Mord

Pressemitteilung Nr. 4/2001 vom 12. Januar 2001

Beschluss vom 30. November 2000
2 BvR 1473/00

Die 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG hat eine Verfassungsbeschwerde (Vb) nicht zur Entscheidung angenommen, die die Verurteilung des Beschwerdeführers (Bf) wegen der Tötung eines DDR-Grenzsoldaten 1962 bei der Flucht über die innerdeutsche Grenze betraf. Der Bf hatte seinerzeit auf den ein bis zwei Meter entfernt stehenden Grenzsoldaten in Berlin, der ihn kontrollieren wollte, geschossen. Der Grenzsoldat verblutete, während der Bf mit seinen Angehörigen die Flucht durch einen Tunnel nach Westberlin fortsetzte.

Das Landgericht Berlin hatte den Bf wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Der Bundesgerichtshof (BGH) bewertete die Tat hingegen als Mord, hielt jedoch den Strafausspruch aufrecht. Die Vb des Bf blieb erfolglos. Die 3. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG führt im Wesentlichen dazu aus:

Eine ins Einzelne gehende Nachprüfung der Strafurteile ist nicht Sache des BVerfG. Es ist jedenfalls von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn der BGH dem Recht auf Leben des Grenzsoldaten einen höheren Wert beimisst als dem Recht des Bf auf Schutz seiner Freiheit von drohenden rechtsstaatswidrigen Handlungen der DDR-Organe. Ebenso ist die Bewertung der Tat als heimtückischer Mord verfassungsrechtlich unbedenklich. Wie sich aus den vom Tatgericht herangezogenen Zeugenaussagen ergeben hatte, war der getötete Grenzsoldat von einer normalen Personenkontrolle ausgegangen und deshalb arglos im Sinne des Mordparagraphen.

Karlsruhe, den 12. Januar 2001