Bundesverfassungsgericht

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Informationen zum Verfahren "NATO-Konzept"

Pressemitteilung Nr. 58/2001 vom 5. Juni 2001

Az. 2 BvE 6/99

Am 19. Juni ab 10.00 Uhr wird der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in dem Organstreitverfahren über die Zustimmung der Bundesregierung zu den Beschlüssen über das neue Strategische Konzept der NATO mündlich verhandeln.

Dieses Strategische Konzept des Bündnisses war von dem auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs tagenden NATO-Rat im April 1999 beschlossen worden. Es behandelt unter anderem die Möglichkeit von Krisenbewältigungen bis hin zu militärischen Krisenreaktionseinsätzen.

Die PDS-Fraktion im Deutschen Bundestag hat den Antrag gestellt festzustellen, dass die Bundesregierung mit ihrer Zustimmung zu diesen Beschlüssen, ohne das verfassungsmäßig vorgeschriebene Zustimmungsverfahren beim Deutschen Bundestag einzuleiten, gegen Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG verstoßen und damit Rechte des Deutschen Bundestages verletzt hat. Die Antragstellerin sieht in dem neuen Strategischen Konzept eine unzulässige Ausweitung des Bündniszweckes über die Verteidigung im Sinne des Art. 5 NATO-Vertrag hinaus, die vom NATO-Vertrag und vom dazu ergangenen Zustimmungsgesetz des Bundestages nicht gedeckt sei. Die Bundesregierung sei zur Wahrung der Rechte des Bundestages verpflichtet gewesen, vor Erteilung der Zustimmung die gesetzgebenden Körperschaften gemäß Art. 59 Abs. 2 Satz1 GG zu beteiligen.

In der mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2001 wird es unter anderem um die Frage gehen, wie der Vertragsbegriff des Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG im Hinblick auf die Fortentwicklung eines bestehenden Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit durch die Staats- und Regierungschefs zu verstehen ist. Es wird erörtert werden, ob aus Art. 24 Abs. 2 GG Beteiligungsrechte des Bundestages abzuleiten sind, wenn die Bundesregierung an nicht nur unwesentlichen völkerrechtlichen Vertragsfortbildungen mitwirkt. Nach Ansicht der Antragstellerin ist es der Bundesregierung verwehrt, auf diesem nichtförmlichen Weg völkerrechtliche Verpflichtungen entstehen zu lassen, die vom Bundestag nicht mehr oder nur noch unter erschwerten Bedingungen korrigiert werden können. Schließlich wird auch die Frage zu behandeln sein, ob das neue Strategische Konzept ein in Art. 24 Abs. 2 GG angelegtes Integrationsprogramm überschreitet.

Der Deutsche Bundestag ist dem Organstreit auf Seiten der Bundesregierung beigetreten.

Das neue Strategische Konzept der NATO ist veröffentlicht im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 24 vom 3. Mai 1999.

Karlsruhe, den 5. Juni 2001