Bundesverfassungsgericht

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LER-Verfahren gegen das Brandenburgische Schulgesetz vom 12. April 1996 beendet

Pressemitteilung Nr. 96/2002 vom 13. November 2002

Beschluss vom 31. Oktober 2002
1 BvF 1/96

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfahren um den Religionsunterricht und die Einführung des Schulfachs Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde (LER) in Brandenburg mit Beschluss vom 31. Oktober 2002 beendet.

Zum Sachverhalt:

279 Abgeordnete des 13. Deutschen Bundestags (ASt) und die Beschwerdeführer (Bf) , katholische und evangelische Schüler und Eltern, drei Bistümer sowie die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg, beantragten beim Bundesverfassungsgericht, die Regelungen über den Religionsunterricht und das Unterrichtsfach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde in § 9 Abs. 2 und 3, § 11 Abs. 2 - 4 und § 141 des Brandenburgischen Schulgesetzes vom 12. April 1996 für verfassungswidrig zu erklären. Nach einer mündlichen Verhandlung (vgl. Pressemitteilungen Nr. 62/2001 vom 11. Juni 2001 und Nr. 78/2001 vom 20. Juli 2001) schlug der Erste Senat den Beteiligten eine einvernehmliche Verständigung vor (vgl. Pressemitteilung Nr. 114/2001 vom 11. Dezember 2001).

Mit Ausnahme von 12 Bf, evangelische Schüler und Eltern, haben die ASt und Bf mit der Landesregierung Brandenburg eine entsprechende Vereinbarung geschlossen. Dieser liegt das Dritte Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Schulgesetzes vom 10. Juli 2002 zugrunde, das am 1. August 2002 in Kraft trat. Danach haben sich die Regelungen über den Religionsunterricht grundlegend geändert. Außerdem ist es nach dem neuen Gesetz leichter möglich, sich von der Teilnahme am Fach Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde befreien zu lassen. Die angegriffene Bestimmung des § 141 Brandenburgisches Schulgesetz wurde aufgehoben. Die ASt und diejenigen Bf, die die oben genannte Vereinbarung mit dem Land Brandenburg unterzeichnet haben, haben daraufhin ihren Antrag für erledigt erklärt bzw. ihre Verfassungsbeschwerden (Vb) zurückgenommen. Die übrigen Bf halten an ihrer Vb fest.

Zur Begründung der Entscheidung heißt es:

Die Normenkontrollverfahren und die Vb-Verfahren der Bf, die ihre Vb zurückgenommen haben, sind einzustellen. Ein öffentliches Interesse an der Fortführung der Verfahren ist entfallen, nachdem die Neuregelung über den Verfahrensgegenstand durch den brandenburgischen Gesetzgeber zu der Vereinbarung zwischen den Verfahrensbeteiligten und zu den verfahrensbeendenden Prozesserklärungen der ASt und Bf geführt hat.

Die Vb der übrigen Bf hat der Senat nach § 24 Bundesverfassungsgerichtsgesetz verworfen. Die Verwerfung eines unzulässigen Antrags ist auf der Grundlage dieser Bestimmung auch nach der Durchführung einer mündlichen Verhandlung möglich, wenn im Anschluss an diese Verhandlung der ursprüngliche Angriffsgegenstand entfallen ist und das Gericht somit nicht mehr aufgrund der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse, sondern unter Berücksichtigung der erst danach entstandenen Sachlage zu entscheiden hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Vb der genannten Bf ist nicht mehr zulässig. Denn die angegriffenen Bestimmungen beschweren sie nicht mehr. Soweit diese den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen betreffen, hat der Landesgesetzgeber durch das Änderungsgesetz vom 10. Juli 2002 mit Wirkung vom 1. August 2002 eine umfassende Neuregelung geschaffen. Ob die Bf durch diese Neuregelung beschwert sind, wird der Senat im Rahmen derjenigen Vb entscheiden, die diese und weitere Bf inzwischen auch gegen das geänderte Brandenburgische Schulgesetz eingelegt haben. Auch hinsichtlich des Faches Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde fehlt es an einer fortwirkenden Beschwer durch das angegriffene Gesetz. § 141 Brandenburgisches Schulgesetz wurde durch das Änderungsgesetz aufgehoben. Mit der Anfügung zweier neuer Sätze an den ansonsten unverändert gebliebenen § 11 Abs. 2 - 4 Brandenburgisches Schulgesetz ist sichergestellt, dass niemand, der am Religionsunterricht teilnehmen kann und will und diesen Unterricht anstelle des Unterrichtsfachs Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde besuchen möchte, gegen seinen Willen am Unterricht in diesem Unterrichtsfach teilnehmen muss.

Karlsruhe, den 13. November 2002