Bundesverfassungsgericht

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Informationen zur mündlichen Verhandlung zum Telekommunikationsgesetz

Pressemitteilung Nr. 36/2003 vom 7. Mai 2003

Az. 2 BvF 6/98

Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am 27. Mai 2003 über den Normenkontrollantrag der Freien und Hansestadt Hamburg gegen die Zuständigkeitsregelung des § 50 Abs. 4 Telekommunikationsgesetz - TKG -.

Dabei geht es um Folgendes:

Nach dem Grundgesetz (Art. 87 f Abs. 1) gewährleistet der Bund im Bereich des Postwesens und der Telekommunikation flächendeckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen. Dies umfasst auch die Pflicht, für die Errichtung und den Betrieb von Telekommunikationsnetzen in Form von Kabel- oder Funkverbindungen zu sorgen. Deren Ausbau setzt bei Kabelnetzen die Möglichkeit voraus, Verkehrswege unter- oder oberirdisch benutzen zu können. Dieses Wegebenutzungsrecht ist in § 50 TKG geregelt. Die Nutzungsberechtigung steht danach dem Bund unentgeltlich zu. Der Bund kann die Nutzungsberechtigung aber nicht selbst in Anspruch nehmen, sondern muss sie auf diejenigen Lizenznehmer übertragen, die eine Lizenz zum Betreiben von Übertragungswegen erworben haben. Lizenznehmer sind Betreiber von Übertragungswegen, die Telekommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbieten. § 50 TKG regelt auch die Art und Weise der Wegenutzung. Hierzu bedient sich das Gesetz des Instruments der Zustimmung. Bevor ein Lizenznehmer durch Verlegung oder Änderung einer Telekommunikationslinie von seinem Wegenutzungsrecht Gebrauch machen kann, muss er grundsätzlich die Zustimmung des Trägers der Wegebaulast einholen. Die Zuständigkeit hierfür bestimmt sich im Grundsatz nach Art. 83 f GG und den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder.

Seit Abschluss der Postreformen können sich auch Bund, Länder und Gemeinden im Rahmen der allgemeinen verfassungsrechtlichen, haushaltsrechtlichen und kommunalrechtlichen Grenzen auf dem Gebiet der Telekommunikation wirtschaftlich betätigen. In diesem Fall müssen sie sich wie jeder andere private Anbieter behandeln lassen. Dies kann zu Interessenkonflikten führen, wenn der Wegebaulastträger selbst Lizenznehmer ist. Deshalb verlagert § 50 Abs. 4 TKG die Zuständigkeit für die Erteilung der Zustimmung von auf dem Gebiet der Telekommunikation wirtschaftlich tätigen Wegebaulastträgern auf die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, wenn sich die Lizenz eines weiteren konkurrierenden Lizenznehmers auf das Gebiet des Wegebaulastträgers erstreckt. Die Regulierungsbehörde ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie.

Die Freie und Hansestadt Hamburg hält § 50 Abs. 4 TKG für mit Art. 83 und 84 des Grundgeset-zes unvereinbar und nichtig. Zur Begründung führt sie aus, die Zustimmung nach § 50 Abs. 4 TKG sei keine der Hoheitsaufgaben im Bereich der Telekommunikation, die nach dem Grundgesetz (Art. 87 f Abs. 2 Satz 2 GG) in bundeseigener Verwaltung ausgeführt werden. Die angegrif-fene Zustimmungsregelung stelle vielmehr ein verfassungsrechtlich unzulässiges Instrument der Bundesaufsicht über die Ausführung eines Bundesgesetzes durch die Länder dar. Dies umgehe Art. 84 GG, der die Aufsichtsinstrumente des Bundes abschließend regele.

Zu dem Verfahren hat bislang für die Bundesregierung das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Stellung genommen.

Karlsruhe, den 7. Mai 2003