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Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts und spätere Bundespräsident Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Roman Herzog ist verstorben

Pressemitteilung Nr. 1/2017 vom 10. Januar 2017


Am heutigen Dienstag verstarb der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts und spätere Bundespräsident Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Roman Herzog im Alter von 82 Jahren.

Herr Prof. Dr. Herzog studierte Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und war dort anschließend zwischen 1958 und 1964 als wissenschaftlicher Assistent tätig. Während dieser Zeit wurde er 1958 promoviert und legte 1961 sein zweites juristisches Staatsexamen ab. Im Jahr 1964 habilitierte er sich mit einer Arbeit über "Die Wesensmerkmale der Staatsorganisation in rechtlicher und entwicklungsgeschichtlicher Sicht". Anschließend war Herr Prof. Dr. Herzog zunächst Privatdozent in München, bevor er im Jahr 1966 als Professor für Staatsrecht und Politik an die Freie Universität Berlin berufen wurde. Ab 1969 hatte er den Lehrstuhl für Staatslehre und Politik an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer inne, deren Rektor er in den Jahren 1971 und 1972 war. Im Jahr 1973 wurde er Staatssekretär und Bevollmächtigter des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund, 1978 zunächst Minister für Kultus und Sport und später Innenminister des Landes Baden-Württemberg.

Am 20. Dezember 1983 wurde Herr Prof. Dr. Herzog zum Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts und Vorsitzenden des Ersten Senats ernannt. Seine Ernennung zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts folgte am 16. November 1987. Unter seinem Vorsitz fielen zahlreiche wichtige Entscheidungen. Hierzu gehören beispielsweise der "Brokdorf-Beschluss" zum Grundrecht der Versammlungsfreiheit (BVerfGE 69, 315), die Entscheidung zum Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung (BVerfGE 79, 256), die Entscheidung zum steuerfreien Existenzminimum (BVerfGE 82, 60), ein Grundsatzurteil zur Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (BVerfGE 83, 238), ein Urteil zur "Bodenreform" in der sowjetischen Besatzungszone (BVerfGE 84, 90) und ein Beschluss zur Strafbarkeit des Leugnens der Judenverfolgung (BVerfGE 90, 241).

Am 23. Mai 1994 wurde Herr Prof. Dr. Herzog zum siebten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Dieses Amt übte er bis zum Jahr 1999 aus.

In die Amtszeit von Herrn Prof. Dr. Herzog als Präsident des Bundesverfassungsgerichts fiel der Zusammenbruch der Deutschen Demokratischen Republik im Jahr 1989 und die Wiedervereinigung im Jahr 1990. In diesen teilweise turbulenten Zeiten füllte er das nicht immer einfache Amt des Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts mit großer innerer Souveränität herausragend aus. Seine Verdienste um das Bundesverfassungsgericht wirken bis heute nach und er genießt - nicht zuletzt aufgrund seiner humorvollen und gelassenen Art - bis heute höchstes Ansehen innerhalb und außerhalb des Gerichts.

Das Wirken und die Verdienste von Prof. Dr. Herzog wurden mit zahlreichen Ehrungen und Auszeichnungen gewürdigt. Dazu zählen unter anderem die Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Oxford/England (1996), der Universität Padua (1997), der Waseda-Universität Tokyo (1997) und der Universität Wroclaw (Breslau) (1998). Im Jahr 1997 erhielt er den Internationalen Karlspreis der Stadt Aachen und wurde im gleichen Jahr - zusammen mit dem tschechischen Präsidenten Václav Havel - als "Europäischer Staatsmann des Jahres 1997“ ausgezeichnet. Der Zentralrat der Juden in Deutschland ehrte ihn im Jahr 1998 mit dem Leo-Baeck-Preis. Im Jahr 2005 erhielt er vom Presse-Club Hannover den Leibniz-Ring-Hannover und im Jahr 2006 den Landshuter Friedenspreis.