Bundesverfassungsgericht

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Alleinige Erbringung und Abrechnung von MRT-Leistungen durch Radiologen in der gesetzlichen Krankenversicherung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Pressemitteilung Nr. 50/2018 vom 21. Juni 2018

Beschluss vom 02. Mai 2018
1 BvR 3042/14

Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsbeschwerde eines Kardiologen mit Zusatzweiterbildung „MRT - fachgebunden“ nicht zur Entscheidung angenommen, mit der er sich gegen die Versagung einer Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung magnetresonanztomographischer Leistungen (MRT-Leistungen) auf dem Gebiet der Kardiologie für gesetzlich Krankenversicherte wendet. Die Kammer hat zur Begründung angeführt, dass eine etwaige Ungleichbehandlung jedenfalls aus Gründen der Sicherung von Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungserbringung gerechtfertigt wäre.

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Kardiologie und verfügt über die Zusatzweiterbildung „MRT - fachgebunden -“. Er beantragte bei der kassenärztlichen Vereinigung Berlin die Abrechnungsgenehmigung für gesetzlich Versicherte für MRT-Leistungen. Dies wurde mit der Begründung abgelehnt, der Beschwerdeführer verfüge nicht über die erforderliche Facharztausbildung. Widerspruch und Klage blieben letztlich erfolglos, das Bundessozialgericht wies die vom Beschwerdeführer erhobene Revision zurück. Mit der hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerde macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Gleichheitssatzes geltend.

Wesentliche Erwägungen der Kammer:

Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Der Beschwerdeführer wird durch die angefochtenen Entscheidungen nicht in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Die der Entscheidung zugrunde liegenden Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 Satz 4 SGB V sind von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

Art. 3 Abs. 1 GG gebietet es, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln, wobei Differenzierungen möglich sind. Der Gleichheitsgrundsatz ist aber verletzt, wenn bei Regelungen, die eine Personengruppe betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Nach diesen Maßstäben kann offen bleiben, ob von einer Ungleichbehandlung vergleichbarer - nach tatsächlichen Kenntnissen und Fähigkeiten des jeweiligen Arztes oder aber unter Zugrundelegung des Facharztgebietes gebildeter - Arztgruppen auszugehen ist. Denn eine Ungleichbehandlung lässt sich jedenfalls auf den Rechtfertigungsgrund der „Sicherung der Wirtschaftlichkeit“ (§ 135 Abs. 2 Satz 4 SGB V) stützen.

Diese war für den Gesetzgeber ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Einführung des § 135 Abs. 2 Satz 4 SGB V. Dadurch, dass die Erbringung und Abrechnung von MRT-Leistungen Radiologen vorbehalten bleibt, soll der Anreiz für Fachärzte der sogenannten Organfächer mit Zusatzweiterbildung „MRT - fachgebunden -“ unterbunden werden, sich selber Patienten für die eigene Erbringung und Abrechnung von MRT-Leistungen zu überweisen. Die Vorschrift dient zudem - ebenso wie die Qualitätssicherungsvereinbarungen - durch die Konzentration der MRT-Leistungen der Qualitätssicherung. Dabei ist es nicht entscheidend, ob im Einzelfall - wie vorliegend von dem Beschwerdeführer behauptet - eine noch bessere fachliche Qualifikation vorliegt. Von Verfassungs wegen genügt es, dass Radiologen aufgrund ihrer Ausbildung eine hinreichende Gewähr für eine qualitative Durchführung von MRT-Leistungen bieten. Durch die hinreichende Qualität der MRT-Leistungen sinkt zudem die finanzielle Belastung der Krankenkassen, da die Gefahr unzureichender, zu wiederholender oder die Behandlung in eine falsche Richtung lenkender Untersuchungen minimiert wird. Die in den Qualitätssicherungsvereinbarungen aufgegriffene Differenzierung nach Facharztgruppen lässt sich auf § 135 Abs. 2 Satz 4 SGB V zurückführen und knüpft an die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts an. Angesichts des Stellenwertes, der der Facharztausbildung für die Berufsausübung zukommt, ist an einer nach Facharztgruppen differenzierenden Regelung von Verfassungs wegen nichts zu erinnern.

Der Leistungsausschluss ist zudem verhältnismäßig. Eine Erweiterung der Untersuchungs- und Abrechnungsbefugnis von MRT-Leistungen auch auf Fachärzte mit der Zusatzweiterbildung „MRT - fachgebunden -“ liefe dem Mehraugenprinzip zuwider. Nur durch die Trennung von Diagnose und Therapie können wirtschaftliche Fehlanreize wirksam vermieden werden.

Darüber hinaus geht die Beschränkung der Behandlungsbefugnis auf Radiologen einher mit der Abrechnungsbefugnis. Denn die Qualitätssicherungsvereinbarungen gehen von einer Gesamtbefugnis aus. Die dafür erforderlichen umfassenden Kenntnisse weisen nach dem Ausbildungsrecht jedoch allein Radiologen auf. Die Erweiterung auf die genannten Fachärzte wäre deshalb zu weitgehend. Sie beträfe wegen der Vielzahl der Fachärzte, die nicht Radiologen sind, auch nicht nur eine untergeordnete Gruppe.