BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1521/00 -
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
der H... GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer
Magnusstraße 13, Köln -
gegen a) | den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. Juli 2000 - 20 W 211/2000 -, |
b) | den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 11. April 2000 - 2/13 T 65/00 -, |
c) | den Beschluss des Amtsgerichts Königstein vom 24. März 2000 - 4 AR 1/2000 - |
hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Vizepräsidenten Papier
und die Richter Steiner,
Hoffmann-Riem
gemäß § 93 b in Verbindung mit § 93 a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 7. Oktober 2000 einstimmig beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, unter welchen Voraussetzungen Pressevertretern Einsicht in das Grundbuch zu gewähren ist. Gerügt wird die Verletzung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 sowie Satz 3 des Grundgesetzes.
Die Voraussetzungen für eine Annahme der Verfassungsbeschwerde gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Ihr kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG), da die von ihr aufgeworfenen Fragen in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits geklärt sind (vgl. BVerfGE 20, 162 <175 ff.>; 36, 193 <204>; 50, 234 <240>; 101, 361 ff.). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Hierbei kann dahinstehen, ob die Verfassungsbeschwerde insoweit, als sie sich gegen die Entscheidungen des Amtsgerichts und des Landgerichts wendet, bereits mangels einer hinreichenden Begründung gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG unzulässig ist, weil die angegriffenen Entscheidungen nicht vorgelegt wurden. Die Entscheidungen verletzen jedenfalls keine Grundrechte der Beschwerdeführerin.
1. Eine Zensur nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG steht wegen der verweigerten Grundbucheinsicht nicht in Rede. Die Veröffentlichung einer Information wird nicht von einer vorherigen Kontrolle des Staates abhängig gemacht. Vielmehr geht es um die Vorfrage, ob etwas zum Inhalt einer Presseinformation werden kann. Diese Frage beantwortet sich aus dem Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
2. Eine Verletzung des Grundrechts der Pressefreiheit kann ebenfalls nicht festgestellt werden.
a) Hinsichtlich der insoweit zu beachtenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe kann zunächst auf den Beschluss der Kammer vom 28. August 2000 in dem Verfahren 1 BvR 1307/91 Bezug genommen werden, das ebenfalls die Beschwerdeführerin betraf. Hiernach ist bei der Frage, ob einem Pressevertreter gemäß § 12 der Grundbuchordnung Einsicht in das Grundbuch zu gewähren ist, eine Abwägung zwischen dem Grundrecht der Pressefreiheit auf der einen und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung bzw. - bei juristischen Personen - dem Recht auf freie Entfaltung im Sinne der wirtschaftlichen Betätigung als Bestandteil der allgemeinen Handlungsfreiheit des im Grundbuch Eingetragenen auf der anderen Seite ein angemessener Ausgleich herbeizuführen. Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Presse wäre es nicht vereinbar, wenn die Durchsetzung des Informationsinteresses von der staatlichen Bewertung des Informationsanliegens abhinge. Die Presse muss vielmehr nach publizistischen Kriterien entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält und was nicht. Das Grundbuchamt darf insoweit nur Konkretisierungen verlangen, die für die inhaltlich beschränkte Prüfung des Informationsinteresses bedeutsam sind. Dabei ist zu respektieren, dass die Presse regelmäßig auch auf einen bloßen, und sei es auch nur schwachen Verdacht hin recherchiert.
Vorauszusetzen ist auf der anderen Seite jedoch stets, dass die Einsichtnahme geeignet ist, um dem Informationsanliegen der Presse Rechnung zu tragen. Dazu gehört insbesondere die Prüfung, ob das Informationsinteresse sich auf Rechte der im Grundbuch Eingetragenen bezieht, für die Einsicht verlangt wird. Erforderlich ist deshalb stets der konkrete Bezug des Rechercheinteresses zu dem jeweils in Rede stehenden Grundstück. Demgegenüber kann es für das Vorliegen eines berechtigten Interesses im Sinne des § 12 der Grundbuchordnung nicht ausreichen, dass die Presse allgemein in einer bestimmten Angelegenheit recherchiert und - ohne konkrete Bezugnahme auf Rechte der im Grundbuch Eingetragenen - Einsicht in das Grundbuch begehrt. Ansonsten müsste ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 12 der Grundbuchordnung stets bejaht werden, wenn die Einsicht von einem Pressevertreter begehrt würde. Bei dieser Sachlage wäre jedoch eine verlässliche Prüfung des Informationsinteresses der Presse durch das Grundbuchamt nicht mehr gewährleistet. Vielmehr würde einseitig den Belangen der Presse der Vorrang eingeräumt, ohne den ebenso schutzwürdigen Belangen des Eingetragenen hinreichend Rechnung tragen zu können.
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die angegriffenen Entscheidungen nicht zu beanstanden. Die Beschwerdeführerin hat gegenüber den Gerichten ihr Informationsinteresse lediglich mit Recherchen zu vermeintlichen Grundstücksaktivitäten der Deutschen Bundesbank begründet. Nach den Feststellungen des Grundbuchamtes ist jedoch die Deutsche Bundesbank weder als Eigentümerin der von der Beschwerdeführerin bezeichneten Grundstücke im Grundbuch eingetragen, noch wurden die fraglichen Grundstücke durch die Deutsche Bundesbank an die eingetragenen Eigentümer verkauft. Inwiefern gleichwohl ein Rechercheinteresse hinsichtlich des im Grundbuch eingetragenen Eigentümers bestand, hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Auch in der Begründung der Verfassungsbeschwerde beschränkt sie sich im Wesentlichen darauf, auf ihr allgemeines Recherche- und Informationsinteresse und die Vorschrift des § 3 Hessisches Pressegesetz zu verweisen, woraus sich ein unmittelbarer Auskunftsanspruch ergebe. Hierbei verkennt sie jedoch, dass durch diese landesrechtliche Vorschrift die Voraussetzungen der bundesrechtlichen Bestimmung des § 12 GBO nicht ersetzt werden können.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Papier | Steiner | Hoffmann-Riem |