Beschluss vom 17. März 2025

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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT


- 2 BvE 12/25 -


Alt-Bundestag IX – eA

IM NAMEN DES VOLKES

In dem Verfahren
über
den Antrag festzustellen,



dass die Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens durch die Antragsgegner die Antragsteller in ihren verfassungsrechtlich durch Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz garantierten Rechten, insbesondere auf ordnungsgemäße Beratung und Erörterung des Gesetzentwurfs innerhalb angemessener Zeit und aufgrund angemessener Informationen, dadurch verletzt hat, dass Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens Verfassungsänderungen von erheblicher Bedeutung und weitreichenden Auswirkungen sind und unter Berücksichtigung der ebenfalls bedeutenden Änderung des ursprünglichen Entwurfs im Rahmen der Ausschussberatungen die aufgeworfenen Fragen eine ausführliche und gründliche inhaltliche Befassung erforderlich machen, die im Rahmen des gewählten Zeitplans aber nicht gewährleistet ist
 

Antragsteller:
 1. Dr. Florian Toncar, MdB,
Platz der Republik 1, 11011 Berlin,

 2. Otto Fricke, MdB,
Platz der Republik 1, 11011 Berlin,

 3. Dr. Thorsten Lieb, MdB,
Platz der Republik 1, 11011 Berlin,
 

- Bevollmächtigter: (…)

Antragsgegner:
 1. Deutscher Bundestag, 
vertreten durch die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas,
Platz der Republik 1, 11011 Berlin,

 2. Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, 
vertreten durch den Vorsitzenden Prof. Dr. Helge Braun,
Platz der Republik 1, 11011 Berlin,

- Bevollmächtigter: (…) -

und   Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung


hier: Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung


hat das Bundesverfassungsgericht - Zweiter Senat -
unter Mitwirkung der Richterinnen und Richter
Vizepräsidentin König,
 
Maidowski,
 
Langenfeld,
 
Wallrabenstein,
 
Fetzer,
 
Offenloch,
 
Frank,
 
Wöckel

am 17. März 2025 beschlossen:

 Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung werden abgelehnt.

G r ü n d e :

A.

1

Die Antragsteller sind Abgeordnete im 20. Deutschen Bundestag und gehören der Fraktion der Freien Demokratischen Partei (FDP) an; die Antragsteller zu 2. und 3. sind auch Mitglieder des Haushaltsausschusses. Sie wenden sich mit ihrer Organklage und ihren Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Gestaltung des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des Grundgesetzes.

I.

2

Hinsichtlich des der Organklage zugrundeliegenden Sachverhalts wird auf den Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. März 2025 - 2 BvE 3/25 -, Rn. 2 ff. – Alt-Bundestag I, verwiesen.

II.

3

Zur Begründung ihrer Eilanträge führen die Antragsteller insbesondere aus, die beabsichtigten Änderungen des Grundgesetzes eröffneten enorme Verschuldungsmöglichkeiten und entfalteten damit eine Zukunftsbindung, die weder mit dem Gedanken intertemporaler Gerechtigkeit noch der bisherigen Grundkonzeption der Schuldenbegrenzungsregelungen im Grundgesetz vereinbar sei. Darüber hinaus sei die geplante Erstreckung des geplanten Sondervermögens auf das Ziel der Klimaneutralität in ihrer Reichweite und ihren Folgen nicht ansatzweise überschaubar. Gleiches gelte für die beabsichtigten Regelungen zu den Verschuldungs- und Investitionsmöglichkeiten der Länder und deren Auswirkungen auf das (verfassungsrechtliche) Verhältnis zwischen Bund und Ländern.

4

Die grundsätzliche und weitreichende Bedeutung der geplanten Änderungen des Grundgesetzes habe sich mit den vom Haushaltsausschuss beschlossenen Änderungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs noch einmal verstärkt. Dies hätte zumindest die Durchführung einer weiteren Sachverständigenanhörung nach § 70 Abs. 1 GO-BT erfordert, die jedoch von der Ausschussmehrheit abgelehnt worden sei. Unabhängig davon böten – neben vielfachen anderweitigen Mängeln des übereilten Gesetzgebungsverfahrens – die Beratungen im Haushaltsausschuss den Abgeordneten des 20. Deutschen Bundestages ohnehin keine geeignete Grundlage zur Beratung und Beschlussfassung. Die Bundesregierung habe dort gestellte Fragen teils nicht oder nur unzureichend beantworten können und die Protokolle der Sitzungen des Haushaltsausschusses sowie der mitberatenden Ausschüsse lägen weiterhin nicht vor.

B.

5

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben keinen Erfolg.

6

Ungeachtet der Frage, ob der Antrag in der Hauptsache unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, enthält das Vorbringen – auch soweit es sich auf die Änderungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs im Haushaltsausschuss bezieht – keine Gesichtspunkte, die bei der vorzunehmenden Folgenabwägung in Abweichung zum Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 13. März 2025 - 2 BvE 4/25 -‍, Rn. 9 ff. – Alt-Bundestag IV – eA, die Gründe für den Erlass einer einstweiligen Anordnung überwiegen ließen.

7

Die Entscheidung darüber, inwieweit das Vorbringen der Antragsteller zum Ablauf der Gesetzesberatungen bis zum 16. März 2025 Anhaltspunkte für eine Verletzung des Rechts der Abgeordneten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG auf informierte Beratung und Beschlussfassung enthält, ist der Hauptsache vorbehalten. Deren Erfolgsaussichten bleiben bei der Entscheidung über die einstweilige Anordnung grundsätzlich außer Betracht. Eine speziell gelagerte Ausnahmekonstellation, in der es abweichend von diesem Grundsatz ausnahmsweise angezeigt ist, bereits im Verfahren nach § 32 Abs. 1 BVerfGG eine summarische Prüfung anzustellen, liegt ebenfalls nicht vor. Insoweit wird auf den Beschluss des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 17. März 2025 - 2 BvE 7/25 -, Rn. 6 f. – Alt-Bundestag V – eA, verwiesen.

  • König
  • Maidowski
  • Langenfeld
  • Wallrabenstein
  • Fetzer
  • Offenloch
  • Frank
  • Wöckel

European Case Law Identifier (ECLI):

ECLI:DE:BVerfG:2025:es20250317.2bve001225

Zitiervorschlag:

BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 17. März 2025 - 2 BvE 12/25 -, Rn. 1-7
https://www.bverfg.de/e/es20250317_2bve001225