L e i t s a t z
zum Beschluß des Ersten Senats vom 15. Juli 1997
- 1 BvR 1174/90 -
- Für den Rechtsanwalt, der mehrere Beschwerdeführer in einer von diesen gegen eine Rechtsnorm erhobenen Verfassungsbeschwerde vertritt, fällt keine erhöhte Prozeßgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO an.
BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
- 1 BvR 1174/90 -
IM NAMEN DES VOLKES
In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde
1. |
des Herrn W..., | |
2. |
des Herrn Dr. M..., | |
3. |
des Herrn K..., | |
4. |
des Herrn G..., | |
5. |
des Herrn Dr. W..., | |
6. |
des Herrn I..., | |
7. |
des Herrn F..., | |
8. |
des Herrn v. W..., | |
9. |
des Herrn H..., | |
10. |
des Herrn W..., | |
11. |
des Herrn M..., | |
12. |
des Herrn v. B..., |
gegen |
das Gesetz vom 23. September 1990 zu dem Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrags-gesetz - und der Vereinbarung vom 18. September 1990 (BGBl II S. 885), soweit darin den Regelungen des Vertrages über die Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage (1945 bis 1949) zugestimmt worden ist, |
hier: Erinnerungen |
a) |
der Beschwerdeführer und | |
b) |
der Rechtsanwälte Professor Dr. Rüdiger Zuck, Robert-Koch-Straße 2, Stuttgart, und Albrecht Wendenburg, Hannoversche Straße 57, Celle, |
gegen |
die Festsetzung der zu erstattenden Auslagen |
- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Professor Dr. Rüdiger Zuck, Robert-Koch-Straße 2, Stuttgart -
hat das Bundesverfassungsgericht - Erster Senat - unter Mitwirkung
des Vizepräsidenten Seidl,
der Richter Grimm,
Kühling,
der Richterinnen Jaeger,
Haas
und der Richter Hömig,
Steiner
am 15. Juli 1997 beschlossen:
- Auf die Erinnerung der Beschwerdeführer wird der
- Kostenfestsetzungsbeschluß vom 22. April 1994 dahin geändert, daß zusätzlich zu dem bereits festgesetzten Betrag weitere 135.446,65 DM als erstattungsfähige Auslagen der Beschwerdeführer festgesetzt werden. Auch dieser Betrag ist ab 11. März 1992 mit vier vom Hundert zu verzinsen.
- Im übrigen wird die Erinnerung der Beschwerdeführer zurückgewiesen.
- Die Erinnerung der Rechtsanwälte Professor Dr. Rüdiger Zuck und Albrecht Wendenburg wird verworfen.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern ein Drittel ihrer notwendigen Auslagen im Erinnerungsverfahren zu erstatten.
G r ü n d e :
I.
Die Beschwerdeführer begehren mit ihrer Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung in einem Verfassungsbeschwerdeverfahren eine Erhöhung der Geschäftsgebühr ihrer Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO, den Ansatz einer Beweisgebühr und die Berücksichtigung von Auslagen für ein privat eingeholtes Rechtsgutachten. Hinsichtlich der Anwaltsgebühren wird die Erinnerung auch von den beiden Rechtsanwälten, die die Beschwerdeführer im Verfassungsbeschwerdeverfahren vertreten haben, im eigenen Namen erhoben.
1. Die zwölf Beschwerdeführer haben gemeinsam eine (auch im Verfahren einheitlich behandelte und verbeschiedene) Verfassungsbeschwerde gegen die Regelung des Einigungsvertrages erhoben, nach der Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die Verfassungsbeschwerde ist zurückgewiesen worden, wobei jedoch die Erstattung eines Viertels der notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer angeordnet worden ist (BVerfGE 84, 90 <91, 132>).
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten wurde auf sechzig Millionen DM festgesetzt.
2. Die Kostenfestsetzungsanträge der Beschwerdeführer wurden, soweit damit die Berücksichtigung der eingangs genannten Kosten erstrebt wurde, vom Rechtspfleger zurückgewiesen.
Dagegen wenden sich die Beschwerdeführer und ihre Rechtsanwälte mit der Erinnerung.
Das Bundesministerium der Justiz hat auf seine bereits zu den Kostenfestsetzungsanträgen abgegebene Äußerung verwiesen. Darin hatte es von einer Stellungnahme zu dem Ansatz einer Beweisgebühr abgesehen, die Anträge im übrigen jedoch für unbegründet erachtet.
II.
1. Die im eigenen Namen erhobene Erinnerung der Rechtsanwälte ist unzulässig. Das vorliegende Kostenfestsetzungsverfahren betrifft die Höhe der Auslagen, die den Beschwerdeführern nach dem Kostenausspruch des Urteils im Verfassungsbeschwerdeverfahren (anteilig) zu erstatten sind. Der Erstattungsanspruch steht den Beschwerdeführern, nicht auch ihren anwaltlichen Vertretern zu. Daran ändert es nichts, daß die Höhe des Erstattungsanspruchs, soweit er Anwaltsgebühren betrifft, von der Höhe der gesetzlichen Vergütung abhängt, die die Beschwerdeführer aufgrund des Mandatsverhältnisses ihren Rechtsanwälten schulden. Das Gesetz enthält keine Vorschrift, wonach die Festsetzung des zu erstattenden Betrages zugleich bindend für die Honoraransprüche von Rechtsanwälten aus dem Mandatsverhältnis ist. Der beauftragte Rechtsanwalt kann die Höhe seiner gesetzlichen Vergütung gegen seinen Mandanten nach Maßgabe von § 19 BRAGO festsetzen lassen und sich in diesem Verfahren auch gegen Abstriche mit der Erinnerung wenden. In diesem Verfahren wird selbständig und unabhängig vom Ergebnis der Festsetzung der zu erstattenden Auslagen entschieden (vgl. etwa OLG Karlsruhe, MDR 1986, S. 157).
Der Rechtsanwalt, der die Partei vertreten hat, ist danach im eigenen Namen weder zu einem Antrag auf Festsetzung der der Partei zu erstattenden Auslagen noch zur Erinnerung gegen die auf einen solchen Antrag ergangene Festsetzung legitimiert (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 55. Aufl., 1997, § 104 Rn. 49 m.w.N.). Allerdings wird in der Praxis zum Teil die Auffassung vertreten, daß dem Rechtsanwalt wenigstens ein eigenes Erinnerungsrecht gegen die Festsetzung zu erstattender Anwaltskosten zuzubilligen ist (vgl. Kopp, VwGO, 10. Aufl., 1994, § 165 Rn. 4 m.w.N.). Dies findet jedoch im Gesetz keine Stütze.
2. Die Erinnerung der Beschwerdeführer, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist begründet, soweit der Ansatz von Beweisgebühren geltend gemacht wird. Im übrigen hat sie keinen Erfolg.
a) Für die beiden Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführer ist eine Beweisgebühr angefallen.
Das Entstehen einer Beweisgebühr setzt die Vertretung im Beweisaufnahmeverfahren voraus (vgl. § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO). Eine Beweisaufnahme liegt vor, wenn sich das Gericht zur Ermittlung rechtserheblicher Tatsachen auf Antrag oder - im Hinblick auf den Amtsermittlungsgrundsatz (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG) - von Amts wegen eines Beweismittels bedient. Der förmlichen Anordnung einer Beweisaufnahme bedarf es nicht. Es genügt, daß eine Beweisaufnahme durchgeführt wird und der Rechtsanwalt am Beweisaufnahmeverfahren beteiligt ist (vgl. BVerfG, Beschluß vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 403/94, 1 BvR 569/94 -, Umdruck S. 6 f. m.w.N.).
Die bloße Anhörung der Verfahrensbeteiligten und der im Verfahren Äußerungsberechtigten oder ihrer Vertreter im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO löst allerdings noch keine Beweisgebühr aus (vgl. BVerfGE 81, 387 <391>). Das gilt grundsätzlich auch für Äußerungen, die auf Fragen oder auf ein Auskunftsersuchen des Senatsvorsitzenden oder des Berichterstatters abgegeben werden. Befragungen dieser Art dienen regelmäßig der Stoffsammlung für die Entscheidung. Zu einer Beweisgebühr führen sie nur, wenn sie Gegenstand einer förmlichen Beweisanordnung sind oder wenn objektiv eine Beweisaufnahme vorliegt (vgl. BVerfGE 77, 360 <362>). Letzteres ist der Fall, wenn die Anhörung dazu dient, zur Klärung entscheidungserheblicher Tatsachen Angaben über einschlägige Wahrnehmung der Angehörten zu erhalten; der angehörten Person kommt dann die Funktion eines Zeugen zu. Jedenfalls im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das - unbeschadet der Vorschrift des § 28 BVerfGG - freier gestellt ist als andere Gerichte, genügt es dabei für das Entstehen einer Beweisgebühr, daß die Anhörung sachlich die Funktion einer Zeugenvernehmung hat.
Nach diesen Grundsätzen stellte jedenfalls die Anhörung von Ministerpräsident a.D. de Maizière zu seinem Wissen über den Gang der Verhandlungen bezüglich des Einigungsvertrages und des Vertrages über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland ("Zwei-plus-Vier"-Vertrag) eine Beweisaufnahme dar. Die Anhörung diente erkennbar nicht lediglich dazu, den einschlägigen Vortrag der Bundesregierung zu verdeutlichen und zu ergänzen. Vielmehr sollte er aufgrund seiner Informationen und Wahrnehmungen bei den Vertragsverhandlungen Angaben dazu machen, welche Haltung die Deutsche Demokratische Republik und die Sowjetunion in bezug auf den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Restitutionsausschluß eingenommen hatten. Dies konnte bereits der vorbereitenden Bitte des Senatsvorsitzenden, zur mündlichen Verhandlung einen Teilnehmer an den Vertragsverhandlungen zu stellen, in Verbindung mit dem Gegenstand der tatsächlich durchgeführten Anhörung entnommen werden. Darüber hinaus ergibt sich das Vorliegen einer Beweisaufnahme aber eindeutig daraus, daß der Senat in seinem Urteil die Bekundungen der Angehörten wie Zeugenaussagen verwertet und gewürdigt hat (vgl. BVerfGE 84, 90 <115, 127 f.>). Er hat sich bei der für die Entscheidung erheblichen Feststellung, daß bei den Vertragsverhandlungen der Ausschluß der Restitution sowohl von der Deutschen Demokratischen Republik als auch von der Sowjetunion zur Vorbedingung für den Abschluß der Verträge und damit für die Herstellung der deutschen Einheit gemacht wurde und beide Staaten insbesondere auch die Aufrechterhaltung der durch die Bodenreform geschaffenen Eigentumsverhältnisse verlangten, wesentlich auf die Angaben der genannten Personen gestützt (vgl. BVerfGE 84, 90 <115, 127 f.>).
Ob darüber hinaus auch die Anhörung von Bundesminister Dr. Kinkel und Staatssekretär Dr. Kastrup im Hinblick darauf, daß sie im Verfahren als Vertreter der Bundesregierung aufgetreten sind, die Beweisgebühr ausgelöst hat, bedarf keiner Prüfung mehr.
b) Die Erinnerungen sind dagegen nicht begründet, soweit mit ihnen der Ansatz erhöhter Prozeßgebühren der Verfahrensbevollmächtigten nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO begehrt wird. Die Verfahrensbevollmächtigten sind zwar für sämtliche Beschwerdeführer in derselben Angelegenheit tätig geworden (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO); dafür genügt es im gerichtlichen Verfahren regelmäßig schon, daß die Begehren mehrerer Auftraggeber einheitlich in demselben Verfahren geltend gemacht werden und zwischen den Begehren ein innerer Zusammenhang besteht (vgl. etwa BGH, JZ 1978, S. 760; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 18. Aufl., 1994, Stichwort "Angelegenheit" Nr. 2 und Stichwort "Mehrere Auftraggeber" Nr. 2.1 Buchstabe a, jeweils mit Rechtsprechungsnachweisen). Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit war jedoch hinsichtlich der einzelnen Beschwerdeführer nicht derselbe im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO, sondern jeweils verschieden.
aa) Die gesetzliche Regelung umschreibt nicht näher, was unter dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit zu verstehen ist. Auch das Ziel der Regelung, dem "Mehr" an Arbeit und Aufwand durch den Informationsaustausch mit mehreren Auftraggebern durch eine Gebührenerhöhung Rechnung zu tragen (vgl. BGH, NJW 1987, S. 2240), ist für die Abgrenzung wenig aussagekräftig.
Der Bundesgerichtshof sieht als Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit auf seiten der Klagepartei das Recht oder Rechtsverhältnis an, auf das sich die jeweilige Tätigkeit des Anwalts bezieht (BGHR, Zivilsachen, § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO Nr. 1; BGHR, Zivilsachen, § 7 Abs. 2 BRAGO Nr. 1). Diese Auffassung steht in Einklang mit der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte (vgl. etwa die Nachweise in den angegebenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs) und mit der Kommentarliteratur (vgl. von Eicken, in: Gerold/Schmidt/ von Eicken/Madert, BRAGO, 13. Aufl., 1997, § 6 Rn. 25; Göttlich/Mümmler, a.a.O., Stichwort "Mehrere Auftraggeber" Nr. 2.1 Buchstabe b; Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl., 1997, § 6 BRAGO, Rn. 27, jeweils m.w.N.). Regelmäßig wird deshalb auf seiten der angreifenden Parteien das Vorliegen desselben Gegenstandes für mehrere Auftraggeber nur angenommen, wenn diese ein einheitliches Recht in gemeinschaftlicher Trägerschaft, insbesondere als Gesamt- oder Gesamthandsgläubiger, geltend machen. Selbständig nebeneinander bestehende Rechte, auch wenn sie jeweils den gleichen Inhalt haben und auf das gleiche Ziel gerichtet sind, erfüllen dagegen nicht den Begriff desselben Gegenstandes (vgl. im einzelnen die Rechtsprechungsnachweise in der angeführten Kommentarliteratur). Liegen hinsichtlich der einzelnen Auftraggeber verschiedene Gegenstände vor, die in einem Verfahren geltend gemacht werden, so greift die Regelung über die Zusammenrechnung der Gegenstandswerte (§ 7 Abs. 2 BRAGO) ein.
bb) Es ist kein Grund ersichtlich, für das Verfassungsbeschwerdeverfahren von dieser Auffassung abzuweichen. Die Verfassungsbeschwerden mehrerer Auftraggeber haben danach, auch wenn sie gegen denselben Akt der öffentlichen Gewalt gerichtet sind und demgemäß im Antrag übereinstimmen, nicht denselben Gegenstand. Die Verfassungsbeschwerde ist zwar kein Institut des allgemeinen Rechtsschutzes, sondern ein außerordentlicher Rechtsbehelf zum Schutz des Einzelnen in seinen Grundrechten und grundrechtsähnlichen Rechten. Sie erschöpft sich auch nicht in dem individuellen verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz für diese Rechte, sondern dient zugleich der Wahrung und Fortbildung des Verfassungsrechts (vgl. BVerfGE 33, 247 <258 f.>; stRspr). Das ändert aber nichts daran, daß mit der Verfassungsbeschwerde nur die subjektive Beschwer des jeweiligen Beschwerdeführers in einem Grundrecht oder grundrechtsähnlichen Recht geltend gemacht werden kann (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG; § 90 Abs. 1 BVerfGG). Diese subjektive verfassungsrechtliche Beschwer bestimmt den Gegenstand des Verfahrens (vgl. E. Klein, in: Benda/Klein, Lehrbuch des Verfassungsprozeßrechts, 1991, Rn. 141; Lechner/Zuck, BVerfGG, 4. Aufl., 1996, § 95 Rn. 4 f.; Rennert, in: Umbach/Clemens, BVerfGG, 1992, § 31 Rn. 36 und § 95 Rn. 14). Das gilt auch für Verfassungsbeschwerden, die sich unmittelbar gegen eine Rechtsnorm richten. Sie führen zwar im Fall des Erfolges dazu, daß die gesetzliche Regelung als mit dem Grundgesetz unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, und zwar mit Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 und § 95 Abs. 3 BVerfGG). Insofern kann die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde Wirkung gegenüber allen von der Norm Betroffenen und nicht nur gegenüber dem Beschwerdeführer entfalten. Das ändert aber nichts daran, daß der Gegenstand der Verfassungsbeschwerde dadurch bestimmt wird, daß der Beschwerdeführer eine Verletzung in seinem persönlichen Grundrecht oder grundrechtsähnlichen Recht geltend macht. Eine Erhöhung der Prozeßgebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO tritt deshalb auch bei der einheitlich von mehreren Beschwerdeführern mit einem einheitlichen Antrag gegen eine Rechtsnorm erhobenen Verfassungsbeschwerde regelmäßig nicht ein. Der über das subjektive Interesse des Beschwerdeführers hinausgehenden objektiven Bedeutung des Verfahrens wird in solchen Fällen durch eine Erhöhung des Gegenstandswerts nach § 113 Abs. 2 Satz 3 BRAGO Rechnung getragen (vgl. BVerfGE 79, 365 <368 f.>). Darüber hinaus kommt dem Anwalt zugute, daß im Falle der Vertretung mehrerer Beschwerdeführer, die gemeinschaftlich Verfassungsbeschwerde erheben, die Werte der jeweiligen subjektiven Interessen gemäß § 7 Abs. 2 BRAGO zusammengerechnet werden (vgl. etwa BVerfGE 79, 357 <362>). So ist der Senat auch im vorliegenden Fall bei der Festsetzung des Gegenstandswerts verfahren. Für die zusätzliche Zubilligung der Gebührenerhöhung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO ist auf dieser Grundlage kein Raum.
c) Schließlich haben die Erinnerungen keinen Erfolg, soweit die Beschwerdeführer die Berücksichtigung der Kosten des privat eingeholten Rechtsgutachtens erstreben. Dabei kann offenbleiben, ob und in welcher Höhe die Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens überhaupt die Kosten dieses in einem anderen Verfahren vorgelegten Gutachtens getragen haben. Auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren gilt die Regel, daß die Kosten für Rechtsgutachten, die der oder die Beschwerdeführer eingeholt haben, nicht als notwendige Auslagen anzusehen sind und deshalb nicht zu den erstattungsfähigen Kosten gehören. Von einem Anwalt, der ein Mandat zur Führung eines Prozesses vor dem Bundesverfassungsgericht übernimmt, ist grundsätzlich zu erwarten, daß er sich mit der Materie in einer Weise vertraut macht, die ihn zu einer interessengerechten Wahrnehmung des Mandats befähigt.
Nach der Rechtsprechung der Fachgerichte kommt allerdings eine Erstattung der Kosten eines Rechtsgutachtens ausnahmsweise in Betracht, wenn es um die Klärung außergewöhnlich schwieriger Fragen geht. Auch im Verfassungsbeschwerdeverfahren sind solche Ausnahmefälle nicht schlechthin ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 88, 382 <383>). Sie können aber dort nur nach einem wesentlich strengeren Maßstab zugelassen werden als im fachgerichtlichen Verfahren. Denn im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit gegebenenfalls bei der Bemessung des Gegenstandswerts nach § 113 Abs. 2 Satz 3 BRAGO durch eine Werterhöhung Rechnung getragen. Die Gebührenerhöhung, zu der eine solche Werterhöhung führt, kann der Rechtsanwalt gegebenenfalls auch dazu nutzen, sich besondere Fachkenntnisse und Erfahrungen Dritter zunutze zu machen, wenn er die Bewältigung der aufgeworfenen Rechtsproblematik nicht allein auf sich nehmen kann oder will.
Den Beschwerdeführern ist zuzugeben, daß das hier zugrunde liegende Verfassungsbeschwerdeverfahren außergewöhnlich umfangreiche und schwierige Rechtsfragen aufgeworfen hat, die zum großen Teil neu aufgetreten und ohne Vorbild waren. Sie mußten überdies in verhältnismäßig kurzer Zeit bewältigt werden. Gleichwohl erscheint es noch angemessen und den Beschwerdeführern zumutbar, daß es der verantwortlichen Entscheidung des Rechtsanwalts überlassen bleibt, erforderlichenfalls auf eigene Kosten die Mitarbeit dritter Personen mit besonderen Fachkenntnissen in Anspruch zu nehmen, nicht aber die Auslagen eines von den Beschwerdeführern oder auf ihre Rechnung eingeholten Rechtsgutachtens als erstattungsfähig anzusehen. Das gilt im vorliegenden Verfahren um so mehr, als der besonderen Schwierigkeit der Sache bereits dadurch Rechnung getragen worden ist, daß im Kostenfestsetzungsverfahren unter Abweichung von der in § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO enthaltenen Regel die Erstattungsfähigkeit der Kosten beider Anwälte, die die Beschwerdeführer gemeinschaftlich vertreten hatten, anerkannt worden ist (vgl. dazu BVerfGE 46, 321 <324>; 87, 270 <272>).
d) Nach alledem ergibt sich ein zusätzlich zu erstattender Auslagenbetrag von 135.446,65 DM, der sich wie folgt zusammensetzt:
13/10 Beweisgebühr aus sechzig Millionen DM für Rechtsanwalt Professor Dr. Zuck (§ 113 Abs. 2 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO) |
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237.625,70 DM |
13/10 Beweisgebühr aus sechzig Millionen DM für Rechtsanwalt Wendenburg (§ 113 Abs. 2 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO) |
|
237.625,70 DM | |
475.251,40 DM |
14 v.H. Mehrwertsteuer aus diesem Betrag (§ 25 Abs. 2 BRAGO) |
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66.535,20 DM | |
541.786,60 DM |
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Davon 1/4 = | 135.446,65 DM. |
Seidl | Grimm | Kühling | |||||||||
Jaeger | Haas | Hömig | |||||||||
Steiner |