Beschluss vom 30. Juli 2024

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BUNDESVERFASSUNGSGERICHT

- 2 BvR 790/23 -

In dem Verfahren
über
die Verfassungsbeschwerde

des Herrn (…),


gegen
§ 4 Absatz 2 Satz 2 sowie gegen § 18 Absatz 1 Bundeswahlgesetz in der Fassung des Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Juni 2023 (Bundesgesetzblatt I Nummer 147)

und Antrag auf Richterablehnung

hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch
den Richter Maidowski,

die Richterin Wallrabenstein

und den Richter Frank

gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung
vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)
am 30. Juli 2024 einstimmig beschlossen:

1. Das Ablehnungsgesuch gegen die Vizepräsidentin König und die Richterin Wallrabenstein wird als unzulässig verworfen.

2. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

G r ü n d e :

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde vom 13. Juni 2023 richtet sich gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 sowie gegen § 18 Abs. 1 des Bundeswahlgesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes vom 8. Juni 2023 (BGBl I Nr. 147, berichtigt durch Nr. 198, im Folgenden: BWahlG). Sie hält die Beschränkung des Listenwahlvorschlagsrechts auf Parteien und die Sperrklausel in Höhe von 5 Prozent für verfassungswidrig.

II.

2

1. Die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs gegen die im Tenor genannten Richterinnen kann mit der Kammerentscheidung erfolgen, weil das Ablehnungsgesuch offensichtlich unzulässig ist. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richter; diese sind auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfGE 131, 239 <252 f.>; BVerfGK 8, 59 <60>).

3

2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers enthält lediglich Ausführungen, die zur Begründung einer Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind.

4

a) Offensichtlich unzulässig ist ein Ablehnungsgesuch, wenn die abgelehnte Richterin – wie hier im Falle der Vizepräsidentin König – nicht zur Mitwirkung im vorliegenden Verfahren berufen ist (vgl. BVerfGE 142, 1 <4 f. Rn. 12>). Vizepräsidentin König gehört der 2. Kammer des Zweiten Senats nicht an.

5

b) Das gegen Richterin Wallrabenstein gerichtete Ablehnungsgesuch ist ebenfalls offensichtlich unzulässig. Der pauschale Verweis auf die bloße Mitwirkung an einer Entscheidung in vorangegangenen verfassungsgerichtlichen Verfahren, das ähnliche Rechtsfragen aufgeworfen hat, kann die Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 19 BVerfGG offensichtlich nicht begründen (vgl. BVerfGK 8, 59 <60>). Eine Entscheidung von Verfassungsbeschwerden ausschließlich in der Reihenfolge ihres Eingangs ist nicht geboten.

III.

6

Gründe für die Annahme der Verfassungsbeschwerde im Sinne des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführenden angezeigt.

7

1. Soweit sie sich gegen § 18 Abs. 1 BWahlG wendet, ist sie verfristet und daher unzulässig. Die Beschränkung des Vorschlagsrechts für Listenwahlvorschläge, die der Beschwerdeführende rügt, ist durch das Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes nicht verändert worden.

8

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BWahlG wendet, ist sie aufgrund entfallenen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

9

a) Die mit der Verfassungsbeschwerde angestrebte verfassungsrechtliche Überprüfung der inhaltlich veränderten Sperrklausel aufgrund des Bundeswahlgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 30. Juli 2024 - 2 BvF 1/23 u.a. - vorgenommen. § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BWahlG ist nach Maßgabe der Urteilsgründe nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, jedoch mit in dem Urteil genannten Maßgaben weiter anzuwenden. Die Entscheidung hat Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

10

b) Für eine auf denselben Gegenstand zielende verfassungsgerichtliche Entscheidung über die im Wesentlichen inhaltsgleichen Grundrechtsrügen besteht daher kein Rechtsschutzbedürfnis mehr (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. August 2017 - 1 BvR 571/16 -, Rn. 17; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Fe­bruar 2020 - 2 BvR 1494/16 -, 5 f.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2021 - 1 BvR 487/20 u.a. -, Rn. 5 f.).

11

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

12

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

  • Maidowski
  • Wallrabenstein
  • Frank

European Case Law Identifier (ECLI):

ECLI:DE:BVerfG:2024:rk20240730.2bvr079023

Zitiervorschlag:

BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juli 2024 - 2 BvR 790/23 -, Rn. 1-12,
https://www.bverfg.de/e/rk20240730_2bvr079023